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Anbelangend aber die abtheilung der zehen Gebott, weil dieselbe in Gottes wort außtrücklich nicht gesetzt ist, wollen wir darüber mit andern Kirchen nicht streiten. Wann aber die abtheilung, so anfangs zur zeit Landtgraff Philips in den gedruckten Catechismis in unsern Kirchen ůb5 lich gewesen, der schrifft unnd der antiquitet gemeß ist, so achten wir, daß dieselbige in unsern Kirchen gleichförmig allenthalben nicht unbilllich behalten unnd gebraucht werde. Hoffen auch, es werde dieser theilung halber niemand ursach haben in unsern Kirchen ein schisma oder spaltung zu machen.

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II. Von abthun der Bilder.

Wie wir nu schüldig sind die wort der heiligen zehen Gebot zu leren und zu lernen, also seind wir auch an den gehorsam derselben verpflichtet, und verbunden, inmassen der Mann Gottes Moses sagt, Deut. 5, 5: Sihe ich habe euch gelehret Gebott und rechte, wie mir der 15 Herr mein Gott gebotten hat, daß ir also thun solt, etc. So behaltets nun und thuts, etc. Item, Deut. 12, 33. 8: Alles was ich euch gebiete, das solt ihr halten, daß ihr darnach thut: Und solt nicht thun ein jeglicher, was jn recht dünckt. Wann dann nu Gott der Herr in seinen H. Zehen Gebotten gesagt hat, Exod. 20, 4: Du solt dir kein Bildniß 20 noch irgend ein gleichniß machen, etc. Item, Deut. 4, 15: So bewahret nu euer seelen wol, denn jr habet kein gleichniß gesehen des Tages da der Herr mit euch redet aus dem feur auff dem berge Horeb. Auff daß ir euch nicht verderbet, und macht euch irgend ein Bilde, das gleich sey einem Manne oder Weibe, etc. Item, v. 23: So hütet euch nu, das 25 ihr des Bunds des Herren euers Gottes nicht vergesset, den er mit euch gemacht hat, und nicht bilder machet einiger gleichniß, wie der Herr dein Gott gebotten hat. Denn der Herr dein Gott ist ein verzerend feur, und ein eiferiger Gott. Hergegen aber nirgend geschrieben steht, dz Gott gebotten und gesagt: Du solt mich abbilden, du solt mir irgend 30 ein Bildnüß oder gleichniß machen, wie im gleichen auch nirgend in der gantzen Bibel geschrieben stehet, das die Patriarchen: Nóa, Abraham, Isaac, Jacob, Joseph, David, die Propheten und Aposteln oder andere Heiligen Gottes jemals ein Bild Gottes, Christi, Mariä oder anderer verstorbenen Patriarchen und Heiligen auffgerichtet: Sondern vielmehr zeuget 35 die Schrift, daß sie die von andern aufgerichtete bilder und Götzen zerbrochen, und aus den augen der Kirchen hinweg gethan haben: So achten wir uns schuldig und verpflichtet, die abergläubische und von dem Pabsthumb überbliebene Bilder, so zu keinem andern ende dann zur Abgötterey in unsern Kirchen auffgerichtet, eingesegnet und gebraucht 40 worden, hinweg und aus den Augen der Gemeine Gottes zu thun.

III. Von den Artickeln des Glaubens und der Person
Christi.

Von Gott dem Vatter, Sohn und heiligem Geist glauben wir gleicher gestalt, alles was davon in den Artickeln unsers Christlichen Apostolischen

Glaubens aus Gottes wort zusammengetragen und verfast ist und ausser deme glauben, leren und sagen wir nichts, sondern nemen unser vernunft gefangen unter den gehorsam der H. Schrift und Artickel des Christlichen Glaubens. Wann dann die H. Schrift nirgend sagt weder im Alten noch Neuen Testament, weder bey den Evangelisten noch Aposteln, 5 daß die menschheit oder der leib Christi, oder die menschliche natur in der Person Christi allenthalben, im Himmel, in der luft, auff erden, im wasser, im feur und allen Creaturen zugleich und auff einmahl leibhaftig gegenwertig sey: So bleiben wir nochmals bey der schrift, und unseren alten Synodalischen abschieden: und enthalten uns mit denselben solcher 10 der H. Schrifft unbekanten reden. Geben uns also in den gehorsam der heiligen Schrifft, daß wir mit derselben von dem hohen geheimnuß der person Christi allein reden, und mit derselben auch schweigen wollen. Weil dann der Herr in der Schrift sagt: Matt. 28, 20: Ich bin bey euch alle tage biß an der Welt ende. Item, Matt. 18, 20: Wo zwen oder 15 drey versamlet seindt in meinem namen, da bin ich mitten unter ihnen: So glauben wir auch dasselbe von hertzen, und lassens unsern höchsten trost sein in allen unsern nöten und anligen. Wie ingleichem wir uns auch trösten, daß der Herr gesagt: Ich verlasse die Welt, und gehe zum Vatter, Joh. 16, 28. Item, ich bin nicht mehr in der Welt, sie aber sind 20 in der Welt, und ich komme zu dir, Heiliger Vatter, erhalte sie in deinen namen daß sie eins seyen, gleich wie wir, Joh. 17, 11. Item, in meines Vatters Hauß sind viel wonungen, wenns nit so wehre, so wolt ich zu euch sagen, ich gehe hin, euch die stette zu bereiten, und ob ich hin gehe euch die stette zu bereiten, wil ich doch wieder kommen, und 25 euch zu mir nemen, auff das ihr seit, wo ich bin, Joh. 14, 2. 3.

IV. Von der ewigen Gnadenwahl.

Gleicher gestalt von dem hohen geheimniß der ewigen Gnadenwal, glauben und lehren wir alles, was darvon in der Bibel geschriben, und ausser dem glauben und lehren wir nichts darvon: Verwerffen alles vor- 30 witziges forschen und disputiren hierüber aus menschlicher Vernunft gesponnen. Enthalten uns auch der harten reden, so etwa von andern gebraucht, und den einfeltigen zur verzweiffelung oder fleischlichen sicherheit anlaß geben möchten, und führen diese lehre also, das sie dem menschen diene zum gewissen beständigen trost, und Gottseligem leben 35 und wandel. Und das wir uns hiervon noch außtrücklicher erkleren, so ist unser bekäntniß eben das jenige, so Herr Lutherus in der bibel und vorrede über die Epistel an die Römer aus Gottes wort (welches wir und nichts anders zum unfehlbaren grund hierin und allem andern allzeit setzen) gethan und geschrieben, welches von wort zu wort also lautet: 40 Am IX. X. und XI. Capitel lehret er (Paulus) von der ewigen Vorsehung Gottes, daher es ursprünglich fleust, wer glauben oder nicht glauben sol, von sünden loß oder nicht loß werden kan, damit es je gar

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unsern händen genommen, und allein in Gottes hand gestellet sey, das wir fromm werden, und das ist auch auffs allerhöchste nöhtig. Dann 45 wir sind so schwach und ungewiß, das wann es bey uns stünde, würde freylich nicht ein mensch selig, der Teuffel würde sie gewiß alle über

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weltigen. Aber nu Gott gewiß ist, das ihm sein vorsehen nicht fehlet, noch jemand ihm wehren kan, haben wir noch hoffnung wider die sünde, etc. Bißher Lutherus. Und diß ist eben auch unser Bekäntniß von diesem hohen geheimnuß der ewigen erwehlung.

V. Vom heiligen Abendmahl.

Vom hochheiligen Abendtmahl unsers Herren Jesu Christi glauben und halten wir auch alles, was davon in der heiligen Bibel geschrieben, unnd ausser dem glauben und lehren wir nichts. Wann dann die Schrift zeuget, das unser Herr Jesus Christus in der nacht, da er verrahten 10 worden, recht wahrhaftig Brodt und Wein, so der Wirtt und alle andere Juden zurselben zeit über ihren Tischen und malzeiten assen und truncken, genommen habe, dasselbe Brodt mit seinen händen, über Tische, vor den Augen der Jünger in stůck von einander gebrochen, und ihnen befohlen, sie sollen das gebrochene Brodt selbst hinnehmen unnd essen, Und dann 15 hievon gesagt: Solches thut: Welches befehlswort die Aposteln und erste Kirche also verstanden, daß sie das Nachtmahl mit wahrem nahrhaften Brodt, und mit der H. Ceremonien des brechens gehalten, und uns gleicher gestalt dieses alles vom rechten brechen des Brods vorgeschrieben haben, Act. 2. 4. und 20. cap. 1. Cor. 10. und 11. So achten wir uns 20 schüldig das Abendmahl mit recht warhaftem Brodt, und brechung desselben zu halten und zugebrauchen. Und sind dessen gewiß, daß wir hierin nicht unrecht, sondern recht thun: Und können mit dem H. Apostel sagen: Wir habens vom Herren entpfangen, daß wir euch gegeben haben: Wann wir aber dieses nit thun, wie können wir dann mit warheit sagen: 25 Wir habens vom Herren entpfangen, so wirs doch nicht ohne warhaftig Brod, und ohne dessen brechung entfangen haben? 1. Cor. 10. und 11. Ferner weil der Herr vom Gebrochenen und zum Sacrament seines Leibs geordneten Brodt saget: Esset: damit einfeltigem gebrauch nach verstehend dz mündliche essen des brots so jederman bekant: so glauben 30 und halten wir, daß wir diß gesegnete Brod mit unserm leiblichen munde entpfangen, mit unseren zeenen zerkeuen, mit unsern zungen schmecken, und in unsern magen lassen sollen, denn das heist recht mündlich essen, so jederman bekant. Demnach aber diß Brodt heist und ist ein Sacrament des Leibs Christi, und diesem H. gebrauch und ordnung nach nit 35 schlecht gemein Brod ist: So heist und ist dieses essen nicht ein Gemein, sondern ein Sacramentlich essen. Weil endlich der Herr von dem Brod sagt: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird, und ferners: Solches thut zu meinem gedechtnüß: Mit welchen worten er den glauben erfordert, und wil das wir nicht allein das irrdische Brod mit dem leib40 lichen munde essen, sondern auch, das wir die Himlische speise, das ist, seinen wahren Leib, so für uns gegeben, und sein wares Blut, so vor uns am Stamm des creutzes aus seiner seiten und Wunden vergossen, zu Vergebung unser Sünden, mit dem Munde des Glaubigen hertzen essen, und trincken sollen, damit unsere hungerige dürstige Seelen ge45 speiset, getrencket und erquicket werden zum ewigen Leben: So Glauben wir, daß wir im H. Abendmal neben und bey der leiblichen niessung des Sacraments des Leibs Christi, zugleich auch des wahren Leibs unnd

Bluts Jesu Christi selbsten nicht imaginarie oder nach blossen gedancken, sondern wahrhaftig, theilhaftig werden, und das durch solche niessung Christus in unsern Hertzen wohne. Derwegen dann der Herr Jesus Christus nicht Abwesend, sondern gegenwertig uns in seinem heiligen Abendmal warhaftig mit seinem heiligen Fleische speiset, unnd mit seinem 5 Blute trencket. Und diese niessung des Leibs und Bluts Christi bringet und giebt kräftigen trost, leben und ewige seligkeit allen blöden, betrübten und gläubigen hertzen, nach dem wort und verheissung des Herren, Johan. 6, 54-56: Warlich, warlich sag ich euch, Wer mein fleisch isset und trincket mein Blut, der bleibet in mir, und ich in ihm; der 10 hat das ewige Leben, und ich werde ihn am jüngsten Tage aufferwecken. Wehe aber allen, die dieses essen nicht haben, und nach anderm gaffen, dann spricht der Herr: Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschen Sohns, und trincken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. Wann dann dem also, so beten wir billich nach unser Kirchenordnung: O all- 15 mächtiger Gott, gib uns den Leib und Blut deines lieben Sons in dem heiligen Sacrament mit warem Glauben zu geniessen, daß er in uns, und wir in jm leben. Item: Gib uns seinen Leib und Blut in seinem heiligen Abendt mahl mit recht glaubiger begierde und danckbarkeit zuempfangen. Item: Gib uns über das alles auch seinen Leib und Blut im heiligen 20 Sacrament zur speiß und tranck in das ewige leben, auff das wir immer in ihm und er in uns lebe. Diese beyderley essen, nemmlich das můndliche essen des Sacraments, und dann das geistliche essen des Leibs Christi hat die Schrift in klaren hellen Buchstaben. Das aber über dieses noch ein drittes essen sey, da der Leib Christi mit dem leiblichen 25 munde auch der Gotteslästerer, Zauberer, unnd anderer ungläubiger auff unerforschliche unempfindliche weise, doch ohn einigen nutz und Frucht gessen werde, das stehet nicht in der Stifftung des Nachtmals, noch irgend in der H. Schrift. Derowegen so bleiben wir bey den obgesagten beyderley in Gottes Wort außdrücklich gesetzten essen, und lassen das 30 dritte, als welches in der Schrift weder einigen befehl, noch Verheissung hat, an seinen ohrt gestellet seyn, Wöllen aber doch mit keiner Kirchen, so dasselbe etwa glaubet oder helt, deßwegen streiten, noch sie verdammen.

Und diß ist nun also von obgemelten Artickeln unser einfeltiger und aufrichtiger Glaube und Bekäntnüß in klaren hellen Buchstaben 35 Göttliches Worts fest gegründet, und der Augspurgischen Confession, derselben Apologia, und unser Kirchenordnung nicht zu wider: Welches alles wir dem judicio und Erkäntniß eines jeden Christen, ja der gantzen Christlichen Kirchen hiemit unterwerffen thun, nit zweiffelend, es werde hierauß ein jeder nunmehr handgreiflich und augenscheinlich sehen, wie 40 ungůtlich man uns mit allerhand auflagen schrecklicher unnd greulicher irrthümben, deren wir uns, Gott lob, gar nicht bewust, bißhero beschweret.

Der Gott aller Gnaden und Barmhertzigkeit erhalte uns in wahrem Glauben, und verleihe seiner lieben Kirchen frieden und Warheit. Amen.

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Der Hessische Katechismus von 1607.

Kinder-Lehr, Das ist: Die fünff Hauptstück christlicher Lehr in Frag und Antwort gestellet

Vor die Kirchen und Schulen in Hessen.

Ja, Herr!

1. Bist Du ein Christ?

2. Woher weißt Du das?

Daher, daß ich getauft bin auf den Namen unseres Herrn Jesu 10 Christi, und die christliche Lehre weiß und glaube.

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3. Welches ist [dann] die christliche Lehre?

1) Die in den Schriften Mosis, der Propheten und Apostel verfasset und begriffen ist.

Fünfe:

4. Wie viel Hauptstücke hat die christliche Lehre?

1) Die zehn Gebote.

2) Die Artikel des christlichen Glaubens.

3) Das Gebet des Herrn.

4) Das Sakrament der heiligen Taufe.

5) Das Nachtmahl des Herrn oder das Sakrament des Leibes und Blutes unseres Herrn Jesu Christi.

5. Wozu dienen [(uns)] diese allesamt insgemein?

Daß wir erkennen: Erstlich, wer wir seien, und wie wir mit unserm Herr Gott stehen;

darnach, wer unser Herr Gott sei, und wie wir mit ihm mögen versöhnet und vereinigt werden.

2) I. Das erste Hauptstück, vom Gesetz des Herrn.

1. Wie wird das Gesetz des Herrn abgeteilt?

Erstlich in zehn Worte oder Gebote, und dieselbigen wiederum in 30 zwei Tafeln, also daß Gott in der ersten Tafel die Gebote von seiner Liebe, in der anderen aber die Liebe des Nächsten beschrieben.

1) 1566 schob hier ein: „Die Gott selbst im Paradeis den ersten Eltern gegeben, den Vättern und Ertzvättern offenbaret, durch Moisen, die Propheten, seinen einigen Sohn Christum Jesum, und die Aposteln erkleret, und mit viel35 faltigen Wunderwercken bestetiget, und das es sein wort sei, offentlich bezeuget und bewiesen hat. Kurtzer mag mann also Antworten:"

2) 1566 giebt hier den Dekalog ohne Erklärung, in der Form des luthe

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