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Noch Morgen bringt euch Ruh.

Die Zeit, der Arzt für jede Seelenwunde,
Hat keinen Balsam
Für euern Schmerz!

bu (so ruft sie aus, den thrånenschweren Blick Geheftet auf den Mond, der bleich und traurend Durch graue Wolken geht)

O du, den meine Seele liebt,

Dem meine Blicke nur gestehen konnten,
Was niemals, niemals dir mein Mund,
An deinen Mund gedrückt, bekennen wird,
Geliebter! ach, vielleicht in diesem Augenblick
Stelst du, wie ich, auch schlaflos, auch verzehrt
Bon hoffnungsloser Sehnsucht, heftest auch.
Dein schmachtend Auge thrånenvoll wie ich
Auf diese Silberscheibe!

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O wandle nicht so schnell vorüber, sanfter Mond!
Berweile! Gönn' uns Unglückseligen
Den einzigen Trost!

O warst du je dem Flehen

Der frommen Liebe mild,
So zeig' in deinem Spiegel

Mir das geliebte Bild!
Und wenn sich seine Augen,

Von Zärtlichkeit erfüllt,
Nach deiner Scheibe drehen,
Laß ihm (o sei dem Flehen

Der frommen Liebe mild!)
Mein Bild entgegen sehen!".

So schwärmt das kranke Herz. Allein.
Die teusche Göttinn hört ihr Flehen nicht.
Ein dünkler Wolkenschleier
Entzieht sie Serafinens Blicken ganz.
Die Arme seufzt. Mit irrenden

Bb5

3um

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Wieland. Zum Himmel aufgehabnen bangen Augen
Sucht sie Trost,
Und findet keinen!

Und ist dann in der Schöpfung ganzem

"

Gränzenlosem Umfang niemand, niemand, der mich

hört?
Kein Wesen, das gerührt von meinem Leiden
Auf mich herab sieht? Muß ich, muß ich sterben?
So stirb, Unglückliche, und such im Grabe
Das Ende deiner Pein! "

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Erfeufster Tod, ich bin des Lebens müde!
Du bist ein Engel, bringst mir Friede,
Ich zittre nicht vor dir.

Willkommen, Hoffnung, bald zu sinken
Jns kühle Grab, die Ruhestatt
Des Dulders, der vollender hat
Der Leiden bittern Relch zu trinken!

Seh ich nicht, mit Palmen in der Hand, Aus den Wolken Seraphim mir winken? Seh ich nicht die Siegeskrone blinken?

Salle, falle, morsche Scheidewand!

Willkommen, Hoffnung, bald zu sinken
Ins kühle Grab, die Ruhestatt
Des Dulders, der vollendet hat
Der Leiden bittern Kelch zu trinken!“

„Doch wie? Wohin, Bethörte, schweift
Dein frevelhafter Wahn? Du wagst es, Paradiese,
Und Engelchör und Siegeslohn zu traumen?
Du siehst ins Grab hinab, und schauderft nicht?
Du, eine Sortgeweihte, willst es wagen

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1

Ein Herz, von fremder Liebe brennend, dem zu zeigen,, Wieland,
Dem Gott zu zeigen, dem du dich verlobt?
Erzittre. Sünderinn!

Der Himmel ist vor dir verschlossen,

Und zürnend wendet sich bein Engel von dir weg.
Gott! welch ein Schauder fasset mich?
Diese Mauern wanken!
Die Erde weicht
Wo flieh ich hin?
O alle Engel, rettet mich!“

der Abgrund thut sich auf

O rettet, rettet,

Unselige! in welche Tiefen des Elends
Schleudert dich die Leidenschaft!
Besinne dich!

Die Schreckenbilder, die dich ångsten, find
Gespenster deiner Phantasie!"

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Im Paradies der Liebe,

inter nie verblühenden Himmelsrosen,

Allein mit dir, und lauter Wonne,

„O! könnt es Sünde seyn zu lieben, wie ich liebe ?
Zu lieben ohne Hoffnung? Ach!

Ich fodre nichts,

Erwarte nichts von diesem Leben.

In jenem bessern, wahren Leben erst

Wo Engel lieben, Engelsharfen

Nur von Liebe tönen, dort, mein Auserwählter,

Lauter Himmel rings um uns, ·

Werd ich zum erstenmal in deine Arme sinken!"

„O drücktest du nur mir die Augen zu,
Fiel' eine heisse Thråne nur

Aus deinem Aug auf meine talte Wange:
Wie willig wollt' ich sie mit allem Blut erkaufen,'
Das noch in diesen Adern schleicht?"

Wieland.

„Ist dieser einz'ge Wunsch der Liebe,
Ach! ist er frevelhaft,

So laß, erzürnter Himmel, laß mich leiden,
Alles leiden, was ein liebend Herz

Jenseits des Grabes noch zu leiden fähig ist,
Ich unterwerfe mich, ich will es leiden,
Nur, daß ich meiner Liebe untreu werde, +
Dies fodre nicht!"

Verzeih, verzeih den allzu mächt❜gen Trieben
Der triumphirenden Tatur!

Jhn lieben muß mein Herz,
Ihn ewig lieben!

Ach! ohne deine Liebe war"

Ein Himmel selbst kein Himmel mehr! Rein Fegfeu'r schrecker mich, steigst du mit mir hinab:

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Ramler.

Långft schist man in diesem Dichter unsern Metastas fio; denn der Wohlklang feiner ganz für die Musik geftimms ten poetischen Sprache, verbunden mit den feinsten Wens dungen, Uebergången und Gefühlen, ist noch von keinem deutschen Dichter übertroffen. Wir waren, ohne ihn, ges wiß von der großen musikalischen Fähigkeit und Kraft unsrer Sprache noch nicht so überzeugt. Seine drei treffliche geifts liche Kantaten, die Hirten bei der Krippe zu Bethlehem, der Tod Jesu, und die Auferstehung und Himmelfahrt, find zu bekannt, als daß es hier der Proben daraus bedürfs te; und eben so schön in ihrer Art find Ino und Pygmas lion. Wie sehr gewinnt dieser leztre felbst bei der Vergleis chung mit dem Monodrama von J. J. Rousseau,

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Pygmalion.

Eine Kantate.

Abgöttin meiner Seele! wie?

Mit jedem Morgen schöner? — Ach, Elise!
Auch leblos bist du liebenswürdiger, als diese,
Von der ich deinen Namen lieh!

So schön gebaut war meine iunge Schwester nicht;
Auch saß auf ihrem Augenliede

Nicht diese warme Zärtlichkeit;

Auch hatte sie das süsse Lächeln nicht,

Das an dem Rande dieses Mundes hångt.
Glückseliger bin ich bei dir,

Glückseliger, wenn diesen glatten Nacken hier
Mein unbescholtner Arm umfångt,
Als in den Myrtenlauben
Der Nymphen unsrer Flur.
Ach! daß ich dich verlassen muß!
Ach daß ich, sterblicher als du,
Unheiligen dich überlassen muß!
Gespielin, Freundin, Liebe!

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1

Ramler.

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