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Das Recht der Intervention.

§ 38.

Begriff der Intervention.

Literatur: Berner, Bl. u. Br. Staatswörterbuch V. S. 341.

J

-

Heffter

ed. Geffcen, § 44-46. Hall, Intern. Law ch. VI. Calvo,
Droit intern. § 107-120. Wheaton ed. Dana und ed. Boyd, § 67.
- Lawrence, Comment., II. 2, ch. 1. - Phillimore I, p. 553. - Heiberg,
Das Princip der Nicht-Intervention, 1842. H. v. Rotted, Das Recht
der Einmischung 1845. J. St. Mill, A few words on Non-Inter-
vention, 1859. - Granv. Stapleton, Intervention and Non-Interven-
tion or the foreign policy of Great Britain from 1790-1865. Lon-
don
Carnazza-Amari, Nouvel Exposé du principe de
Strauch, Zur Inter

1866.

non-intervention. Rev. de dr. int. V.

p. 352.

ventionslehre 1879.

Intervention ist im Völkerrecht das gebieterische Eingreifen eines Staates entweder in die Beziehungen zweier anderer Staaten, ohne die Zustimmung beider oder eines derselben oder und namentlich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates.

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Nicht jede Einmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten ist eine Intervention, so nicht eine angebotene oder erbetene Vermittlung, die immer von den Parteien angenommen sein muß, der gegenüber die selben ihren freien Willen behalten und aus welcher der vermittelnde Staat keinerlei Rechte erwirbt. Eben deshalb hat es keinen Sinn von einer bewaffneten Vermittlung" zu reden, wie dies während des Desterreichisch Italienischen Krieges von 1859 seitens Preußens geschah; es war dies ein unklarer Ausdruck für eine unklare Politik, denn eine Einmischung mit dem Hintergedanken ihre Absicht mit den Waffen durch. zusehen, ist keine Vermittlung mehr, sondern Intervention. Was diese charakterisirt, ist eben ihr gebieterischer Charakter, der Entschluß des be treffenden Staates seinen Willen unabhängig von dem des Staates, gegen den eingeschritten wird, durchzusehen, sei dies durch sofortigen Zwang, sei es, daß derselbe nur im Hintergrunde erscheint. Es ist nicht richtig, wenn Amari sagt, eine Intervention sei nur die Einmischung in die inneren

Angelegenheiten eines Staates zu nennen, denn das Eingreifen in die Beziehungen zweier Staaten zu einander sei eine Allianz mit dem einer und Krieg gegen den anderen, oder Krieg gegen beide, wenn der inter venirende Staat beiden Unrecht gebe und ihnen seinen Willen aufzwinge. Abgesehen davon, daß seine Behauptung intervenire heiße intus venire, sprachlich nicht richtig ist, so ist eine Allianz ein zweiseitiger Akt unter Gleichberechtigten, die Intervention ein einseitiger, bei welcher der ein! schreitende Staat selbst den nicht fragt, zu dessen Gunsten er vorgeht, weil er aus eigener Initiative handelt. Von Krieg aber kann man eri reden, wenn der, gegen den eingeschritten wird, mit den Waffen wider steht. Es ist nicht nöthig, daß der intervenirende Staat nur einen Mann marschiren läßt; wenn eine Regierung einer anderen erklärt, sie werde nicht dulden, daß dieselbe einem dritten dies oder jenes thue, se ist das eine Intervention, vorausgeseßt, daß hinter dieser Erklärung der Entschluß steht, derselben eventuell materiellen Nachdruck zu geben. Inter vention ist also vom Krieg zu unterscheiden, der erst ihre Folge ist.

Es handelt sich sodann um Einmischung in die Angelegenheiter eines anderen Staates, damit ist jedes Eingreifen der Central gewalt eines Staatenbundes, geschweige eines Bundesstaats in Fragen der Glieder, aus denen er besteht, ausgeschlossen, eine solche ist die Folge des Bundesvertrags, der den Verein begründet hat. Das Verfahren des Deutschen Bundes gegen den König von Dänemark als Herzog von Holstein im Herbst 1863 war keine Intervention, sondern eine Execution.

Der Begriff der eigentlichen Intervention muß aber noch weiter be schränkt werden. Wenn ein Staat gegen den anderen einschreitet, weil derselbe sein eigenes Recht oder das seiner Angehörigen verlegt hat, so handelt es sich nicht um die Angelegenheiten des anderen Staates, son dern um ein Recht dieses Staates gegen den andern, das mit völkerrechtlichen Zwangsmitteln gewahrt wird. Das Recht zum Einschreiten folgt hier aus dem Rechte jedes Staates, die Beobachtung der ihm gegenüber allgemein feststehenden oder besonders übernommenen Verpflichtungen zu erzwingen, nicht aus einem besondern Interventionsrecht. Wenn z. B. Lord Palmerston in einer Debatte über seine chinesische Politik (10. Mai 1864) auf den Tadel Buxtons, daß er durch sein Verfahren den Grundsaß der Nichtintervention verlegt, erwiderte, er anerkenne denselben als Regel, but my honourable friend forgets that there are cases in which we have treaty rights", so trifft dies die Sache gar nicht. Wenn ein Staat sich weigert seine vertragsmäßigen Verpflichtungen zu erfüllen, so ist der verlegte Theil schon hierdurch berechtigt zur Retorsion, eventuell zu den Waffen zu greifen. Ebenso steht es mit einer behaupteten Rechts. verweigerung. Der berüchtigte Fall des Don Pacifico (1850) gehört also nicht hieher, England griff damals zu Repressalien gegen Griechen land, weil es behauptete einem seiner Angehörigen sei Unrecht geschehen. Das Interventionsrecht kommt erst in Frage, wenn der andere Staat durch sein Verhalten, ohne die Rechte unseres Staates oder seiner An

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