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Achtundzwanzigstes Stück.

Das Landkriegsrecht im Besonderen.

Von

Professor Dr. C. Lueder

in Erlangen.

Handbuch des Völkerrechts IV.

Erstes Kapitel.

Der Kriegskand und die Subjecte des Kriegsstandes.

§ 90.

Der Kriegsstand im Allgemeinen. Activer und passiver

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Kriegsstand.

Literatur: Heffter § 124. Bluntschli, Völkerr. 532, 569. Reich § 151. - Grenander, Sur les conditions nécessaires, selon le droit des gens, pour avoir en guerre le droit d'être considéré et traité comme soldat (abgedruckt aus der Revue pratique de droit français), überseßt aus dem Schwedischen, Paris 1882, S. 14 f. Brüsseler Declaration, Art. 11. - Vgl. auch die zum folgenden Paragraphen angef. Literatur.

Die Eröffnung des Krieges und der Eintritt des Kriegsrechts führt für die Angehörigen der kriegenden Staaten den Kriegsstand herbei, d. i. das besondere Verhältniß, welches durch den Kriegsausbruch zwischen ihnen und dem Kriegsgegner entsteht. Diesem unterstehen, wenn auch nicht im gleichen Maße und obwohl die Regel gilt, daß die (friedlichen) Privatpersonen der kriegführenden Staaten sich nicht als Feinde gegenüberstehen, 1) alle Angehörigen der in Krieg gerathenen Staaten. Denn auch die nicht an der Kriegführung Theilnehmenden haben nach Maßgabe des zum Theil bereits im Allgemeinen Festgestellten, 2) zum Theil noch im Folgenden näher Auszuführenden gewisse Lasten, Beschränkungen, Opfer, Nachtheile, mit einem Worte Pflichten gegen den feindlichen Staat3) zu übernehmen, welche der Krieg naturgemäß mit sich bringt.

In besonders hohem, bezw. ganz anderem Maße treten aber solche Pflichten und der Kriegsstand für diejenigen Personen ein, welche in

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Vertretung des Staates den Krieg selbst führen und, während sie die kriegerische Gewalt gegen den Gegner zur Anwendung bringen, auch ihrerseits des Näheren wieder nach Maßgabe des im Folgenden Vorzutragenden dem gewaltsamen Angriff, bezw. der gewaltsamen Abwehr dieses ausgesezt sind, also außer dem als das eigentliche kriegführende Subject erscheinenden Staate selbst und seinen ihn repräsentirenden Häuptern seine thatsächlich kämpfenden Organe, die das kämpfende Heer bildenden Personen.

Nur die lezteren haben auch den activen Kriegsstand mit seinen besonderen Rechten (der Vornahme von Feindseligkeiten) und Lasten und sind Feinde im activen Sinne; während alle anderen sich nur im passiven Kriegsstande befinden, nur Feinde im passiven Sinne sind und als solche zwar geringere Lasten, aber andererseits auch nicht die besonderen Rechte haben, welche für die auch den activen Kriegsstand besigenden Personen aus ihrem Rechte zur Activität folgen.4)

Eine Art Mittelstellung 5) nehmen diejenigen Personen ein, welche zwar auch zum Heere, ) aber doch nicht zum kämpfenden Heere gehören und zwar im Felde in Thätigkeit treten und insoweit sich von der in der Heimath die friedliche Beschäftigung fortseßenden Bevölkerung unter» scheiden, aber doch nicht an der Gewaltausübung und eigentlichen Kriegführung sich betheiligen, 7) wie Feldgeistliche, Aerzte und Sanitätsbeamte, Krankenwärter und Träger, freiwillige Helfer und Pfleger, Intendantur-, und sonstige Beamte, Marketender, Lieferanten, auch Zeitungscorrespon Diese mit dem Kriege unmittelbar in Berührung kommenden und ihm dienenden Personen können zwar nicht wohl einfach denen des passiven Kriegsstandes beigezählt werden, gehören aber auch nicht zu denen des activen Kriegsstandes im eigentlichen Sinne, indem sie den Kampf in der That nicht activ mit führen.

Es ist zunächst der Kreis der im activen Kriegsstand sich befindenden Personen genau zu begrenzen. 8)

1) S. oben § 69.

*) Ebendaselbst.

3) Nur von diesen Pflichten, bezw. (s. gleich weiter unten im Text) Rechten ist hier die Rede, nicht von den im Kriegsfall gegen den eigenen Staat bestehenden welche lezteren keine Bedeutung für das Völkerrecht haben.

4) S. Heffter, Bluntschli a. a. O., v. Holzendorff, Enc. § 60, 61, Resch, Grenander a. a. O., Lentner S. 73, 94, der aber den passiven Kriegs, stand nicht richtig auffaßt.

5) Vgl. Berner im Deutschen Staatswörterbuch, 6. Bd. S. 113. Hierüber herrscht aber Meinungsverschiedenheit, indem die gleich im Text zu erwähnenden nicht kämpfenden Bestandtheile des Heeres von Einigen zu den Personen des activen Kriegsstandes, von Anderen zu denen des passiven gerechnet werden, vgl. Heffter 1. c. mit v. Holzendorff, Enc., § 60, 61, und Calvo § 1783. 6) v. Bulmerincq, Völkerrecht, bei Marquardsen, S. 360.

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