Page images
PDF
EPUB

7) Ueber diese s. unten Kap. 2, § 99 und Kap. 3.

*) Als die Vorausseßung des passiven Kriegsstandes im vollen Umfange erscheint im Allgemeinen und im Einklang mit der natürlichen Rechtsanschauung die Staatsangehörigkeit oder Nationalität. Doch bringen auch andere Momente, namentlich Domicil und Wohnsiz gewisse Pflichten des passiven Kriegsstandes mit sich, vgl. Bluntschli, Völkerr. 532, N. 3. Diese werden, soweit dies nach der Aufgabe des 28. Stückes erforderlich, in den folgenden Kapiteln berührt werden. Eine zusammenhängende Darstellung derselben mit Würdigung der aufgestellten Theorien und weitgehenden (Englischen und Nordamerikanischen) Braris steht aber theils mit allgemeineren Lehren, theils mit dem Seekriegsrecht in so naher Verbindung, daß sie hier nicht zu geben ist. Sie hat außerdem bei dem Schuße, der gegenwärtig im Landkriege auch dem Privateigenthum der passiven Feinde, worauf das Ganze sich hauptsächlich bezieht, gewährt wird, für das Landkriegsrecht geringere Wichtigkeit. Gleichwohl findet eine eingehende Darstellung an dieser Stelle sich z. B. bei Twiss, ch. 8 § 152 ff. und Calvo III. § 1688 ff., s. auch Phillimore IV. § 37 ff. und die ferner bei Calvo angef. vorwiegend Englische und Amerikanische Literatur, während die Deutschen Systeme die hier befolgte Methode einschlagen und von einer solchen Darstellung an dieser Stelle absehen, was Geffden zu Heffter § 124 N. 1 allerdings für nicht richtig zu halten scheint.

§ 91.

Die Subjecte des activen Kriegsstandes, und zwar
I. die regelmäßigen Combattanten.

[merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][ocr errors]

in v. Holzendorff's Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung zc. des Deutschen Reichs, Bd. I. S. 285.

tano und Sorel p. 264.

[ocr errors]

F. v. Martens II. § 112. Fund. Bren.
Halleck II. § 1 ff. Field, Outlines, 734 ff.

[ocr errors]

- Fiore §§ 1303 f., 1306 f., 1309, 1311. Brüsseler Declaration, Art. 9.- Manuel des Völkerrechtsinstituts 2. - Lentner, Das Recht im Kriege, S. 73 ff. Vgl. auch die zum folgenden Paragraphen angef. Literatur.

Als Subjecte des activen Kriegsstandes erscheinen vor Allem und unzweifelhaft diejenigen Personen, welche das reguläre kämpfende Heer oder die regulären Truppen bilden. Sie sind als die vom Staate zum Kampf Beauftragten und Autorisirten, als seine Organe und Vertreter in der Gewaltausübung die regelmäßigen Combattanten mit deren besonderen Rechten und Pflichten des activen Kriegsstandes.

Wer in dieses Heer einzutreten und Kriegsdienste zu leisten hat, bezw. zu demselben zuzulassen ist, ist eine innerstaatliche Frage.) Nach außen, völkerrechtlich, gehören an sich alle in das Heer Eingereihten

hierher, wobei es gleichgiltig ist, ob sie zum Eintritt durch die Geseze ihres Staates genöthigt waren, oder ob ihr Eintritt zur Zeit oder überhaupt ein freiwilliger war.2)

Es ist ebenfalls gleichgiltig, ob die die Kriegsdienste Leistenden Angehörige des Staates oder Fremde und Ausländer) sind und ob sie als geworbene Söldner) (Miethstruppen) oder auf anderer Grundlage die Kriegsdienste im Heere leisten. Denn es kann keinem Staate das Recht bestritten werden, seine Heeresmacht durch woher auch immer herangezogene, an sich passende und zulässige Elemente nach seinem Ermessen und nach seinen Kriegsführungsbedürfnissen zu verstärken, was deshalb auch in der ganzen vergangenen Zeit, in der es in Europa sehr üblich war, nie bestritten, sondern allgemein als zulässig betrachtet ist. Ob diese Elemente aus ganz anderen als vaterländischen Interessen die Kriegsdienste leisten, hat der Gegner nicht zu prüfen; und wie weit sie durch die Leistung der fremden Kriegsdienste mit den Gesezen ihres Heimathlandes in Einklang bleiben oder in Widerspruch gerathen, ist wiederum lediglich eine den Heimathsstaat angehende innerstaatliche Frage, während die etwa auftauchende völkerrechtliche Frage nach der Zu lässigkeit der Gestattung des Eintrittes in fremde Kriegsdienste an die Unter thanen eines Staates, weder wenn es sich um Einzelne, noch wenn es sich um ganze angeworbene Truppentheile handelt, mit der kriegsrecht lichen Stellung der Eingetretenen als Combattanten etwas zu thun hat. Nur ist dabei ordnungsmäßige Aufnahme in das Heer und Deckung durch die staatliche Autorität unerläßliche Vorausseßung. Uebrigens ist dies ganze „Reislaufen“ ebenso wie die Einrichtung der Söldnerheere gegen. wärtig, nach der vom 15. Jahrhundert an allmählich aufgekommenen und jetzt allgemein eingeführten Errichtung der stehenden Heere nur noch sehr wenig in Uebung und deshalb von geringerer praktischer Bedeutung.")

Es macht ferner keinen Unterschied, wenn es nach den Einrichtungen des betreffenden Staates Milizen sind, welche das Heer oder einen Theil desselben bilden, oder Truppentheile, die keine im ständigen Dienst befindlichen Bestandtheile des stehenden Heeres im Frieden sind, sondern nur im Kriegsfall einberufen werden, wie die Deutsche Landwehr und der Deutsche Landsturm. Dasselbe gilt von den zu Kriegsdiensten herangezogenen Nationalgarden,) sowohl den sedentären als auch den mobilen, wie sie namentlich im lezten Deutsch-Französischen Kriege auf Französischer Seite hervortraten.

Dies ist heutzutage ziemlich allgemein anerkannt, bezüglich der Milizen) auch von den neuesten Codificationsversuchen, der Brüsseler Erklärung) und dem Manuel des Völkerrechtsinstitutes.9) Ganz unzweifel. haft ist es hinsichtlich der Landwehr, welche einen ganz regulären Be standtheil, eine Art weiterer Reserve des Kriegsheeres darstellt. Aber auch mit dem Deutschen Landsturm verhält es sich nicht anders; 10) denn auch er ist, wenn einberufen, ein Bestandtheil des staatlichen

Kriegsheeres, der nach der Deutschen Heeresverfassung im Voraus vorgesehen und geordnet und auf eine bestimmte Altersclasse der wehrpflichtigen männlichen Bevölkerung, sowie außerdem auf die Einberufung innerhalb dieser Classe fest beschränkt ist und nicht mit den im nächsten Paragraphen zu erwähnenden Jrregulären, wie Franc-Tireurs 2c., und mit sog. Massenerhebungen auf eine Linie gestellt werden kann.11) Damit soll natürlich nicht behauptet werden, daß jede einzelne zum Landsturm gehörende Person, die auf eigene Faust und außerhalb der kriegerischen Ordnung Gewaltmaßregeln vornimmt, die Combattantenstellung zu beanspruchen hat.12)

1) Vgl. Fiore 1303.

2) Es hat deshalb keinen Zweck, die Combattanten, wie Calvo § 1785 thut, in die drei Classen der „forcés“, der „volontaires“ und der „passifs“ oder innocents" einzutheilen.

3) Vgl. Bluntschli, Jahrbuch, S. 285. Sehr häufig praktisch geworden durch das bis in die neueste Zeit hinein übliche Eintreten in fremde Kriegsdienste.

4) Bluntschli a. eben angef. D., Calvo § 1797, Fiore § 1311.

5

* Vgl. Calvo § 1797 und die dort p. 124 Angeführten. Gegenwärtig kommen Söldnerheere und Fremdendienst in ausgedehnterem Maße nur in Frankreich und Holland vor, die sich der fremden Söldner in ihren Außereuropäischen Colonien bedienen.

6) So auch v. Neumann, v. Bulmerincq.

7) S. z. B. Klüber a. a. D., v. Bulmerincq S. 360.

*) Art. 9, leßter Absaß.

9) 2, N. 1.

10) S. das Deutsche Reichsgeseß über den Landsturm vom 12. Februar 1875, namentlich §§ 1, 2, 4. Als Theil der Wehrmacht wurde auch der Preußische Landsturm bereits durch das Gesez vom 3. September 1814 bezeichnet. Vgl. § 93.

1) Vgl. Geffden zu Heffter § 124a. N. 2 und gleich weiter unten § 93, N. 7. S. auch v. Bulmerincq a. a. D., während Rolin Jaequemyns auch den jeßigen Deutschen Landsturm mehrfach zu den Massenerhebungen stellt (j. auch v. Neumann S. 106).

12) Vgl. v. Neumann a. a. D. S. 106.

§ 92.

II. Die unregelmäßigen Combattanten und die staatliche Autorisation als Vorausseßung ihrer Anerkennung.` Literatur zu diesem und den beiden folgenden Paragraphen: Vattel III., 15. - Klüber § 267 und die dort angef. ältere, namentlich Moser'sche Literatur. G. F. v. Martens § 271 und dazu Pinheiro Ferreira. Heffter § 124 a. und dazu Geffcken. v. Bulmerineq S. 360, 361. v. Neumann § 44. v. Holzendorff, Enc., § 60. - Resch § 152. Bluntschli, Völkerr., 570 f., 597 s. und in v. Holzendorff's Jahrbuch für Gesezgebung, Verwaltung und Rechtspflege des Deutschen Reichs I.

[ocr errors]

S. 286.

F. v. Martens II. § 112.

Calvo § 1798 ff.

Guelle,

Précis I. p. 71 ff., Guerre continentale, p. 42 ff. Fund Brentano

und Sorel p. 264 ff.

Halled II. § 8 ff.

-

Fiore III. § 1305 f., 1308 f., 1312 f., auch 1349 f. Rolin-Jaequemyns i. d. Revue 1870, p. 660 ff. und 1871 p. 308 ff. Lieber, Guerilla Parties. New-York 1872. Droop, On the relation between an invading Army etc. London 1871. Grenander, Sur les conditions nécessaires, selon le droit des gens, pour avoir en guerre le droit d'être considéré et traité comme soldat. Paris 1882. v. Hartmann, Kritische Versuche, 2. Militärische Nothwendigkeit und Humanität, S. 65 ff., 77 ff., neben den zulezt genannten vier Schriftstellern und Bluntschli sehr beachtenswerth, wenn auch in der Literatur weniger als diese citirt. Eichelmann, Ueber die Kriegsgefangenschaft 1878, S. 88 ff. Dahn in den Jahrbüchern für die Deutsche Armee und Marine, 3. Bd. S. 53 ff. Razenhofer, Die Staatswehr 152 (S. 262 ff.). Vgl. auch v. Boguslawski, Der kleine Krieg, 1881, V., und v. Jomini, Abriß der Kriegskunst, übers. u. von v. Boguslawski in den Militärischen Klassikern des In- und Auslandes, herausgegeb. von v. Marées 1881, S. 34 ff. — Field, Outlines, 735 ff. Brüsseler Declaration Art. 9, 10. Manuel des VölkerrechtsRevue de droit intern. VII. p. 482 ff. — LaveConf. de Bruxelles. S. auch Lentner, Das Recht im

instituts 2, 4. leye, Actes de la Kriege, S. 73 ff.

Es giebt nun aber auch unregelmäßige Kämpfer, d. h. Personen, welche nicht als Bestandtheile des regulären Heeres zur Vertheidigung des Landes die Waffen nehmen und am Kriege sich betheiligen. Es fragt sich, ob auch ihnen bezw. welchen von ihnen die Combattantenstellung zukommt.

Zu dieser Frage ist vor Allem zu bemerken, daß kein Staat gebunden ist, sich in seiner Kriegführung auf sein stehendes reguläres Heer zu beschränken. Er ist vielmehr berechtigt, ganz nach seinem souveränen Ermessen und der Größe der ihm aus dem concreten Kriege erwachsenden Gefahr, auch die Bevölkerungstheile, die nicht dem Heere angehören, am Kampfe theilnehmen zu lassen, weshalb auch Frankreich 1870 zu seinem Massenaufgebot an sich durchaus berechtigt war, unter Umständen die ganze waffenfähige männliche Bevölkerung, 1) ja selbst Weiber und Unerwachsene, die dann (wenn dies vorkommen sollte) die Rechte und Pflichten des activen Kriegsstandes haben 2), bezw. den blos passiven verlieren.

Es hat diese Heranziehung von Jrregulären gewiß große Bedenken, 3) indem sie leicht zu Ausschreitungen nach allen Richtungen, Erbitterung, Grausamkeit und allgemeiner Unsicherheit in jeder Beziehung führt und wenigstens heutzutage um so eher vermieden werden könnte, als sie kaum großen Nußen gewähren wird. 4) Aber die Noth kann, wie wir aus be kannten Beispielen der Geschichte wissen, in kleinerem oder größerem Umfange dazu zwingen; über den Nußen zu entscheiden, steht ganz im Ermessen des einzelnen Staates, und das Recht zu der Heranziehung in jedem Umfange ist da.

Deshalb sind an sich alle Freischaaren, Freischüßencorps u. s. w.,

welche der Staat zur Kriegführung heranzieht oder zuläßt, wenn auch irreguläre, so doch rechtmäßige Combattanten mit allen deren Rechten und Pflichten. Demgemäß waren auch die staatlich zugelassenen Freischaaren, die in den Kriegen der Neuzeit, wie z. B. im SchleswigHolsteinischen, in den Italienischen Einheitskriegen (die Garibaldischen Schaaren) und im leßten Deutsch-Französischen Kriege vorgekommen sind, an fich als Combattanten anzuerkennen und sind nur dann nicht anerkannt worden, wenn ihnen andere Erfordernisse fehlten (s. gleich weiter unten).

Wenn aber die staatliche Autorisation und die nur vom Staatswillen abhängige Vertretung in der Ausübung der kriegerischen Gewalt die Boraussetzung der Combattantenstellung ist, so folgt daraus zugleich das negative Ergebniß, daß solche Irreguläre, welche nicht von Seiten des Staates herangezogen oder zugelassen sind, auf die Combattantenstelluug keinen Anspruch haben. Nach dem strengen Princip können deshalb solche Freischaaren u. s. w., welche auf eigene Hand operiren, ebensowenig als berechtigte Combattanten und Inhaber des activen Kriegsstandes erscheinen) wie dies Einzelne, seien es Eingeborene, seien es Fremde thun, die auf eigene Faust Gewalt gegen den Feind üben.")

Gleichwohl würde die aus diesen Säßen zu ziehende Regel, daß Alles von der staatlichen Autorisation abhänge und der auf Grund solcher fämpfende Irreguläre damit auch Combattant, der ohne sie Antheilnehmende Nichtcombattant sei, in beiden Beziehungen weder richtig noch erschöpfend sein. Sie bedarf vielmehr auf Grund der neuesten Praxis und Codificirungsthätigkeit einer weiteren Prüfung, die einerseits zu einer Ausdehnung (des negativen Theils), andererseits zu einer Einschrän fung (des positiven Theils) der Doppelregel führen wird.

Was zunächst das positive Erforderniß der staatlichen Autorisation anbelangt, so ist zwar kein Zweifel darüber, daß früher, nachdem überhaupt der Krieg Aller gegen Alle aufgehört hatte und nur noch ein Krieg der Staaten gegen einander geführt wurde. auch stehende Heere eingeführt waren, man strenge daran festhielt, daß irreguläre Kämpfer unbedingt der staatlichen Autorisation bedurften, um als solche behandelt zu werden, und nicht als Combattanten betrachtet wurden, wenn ihnen eine solche fehlte. Noch in den Napoleonischen Kriegen ist in bekannten Beispielen rücksichtslos nach dem strengen Grundsaze verfahren worden, zunächst und hauptsächlich von Napoleon und den Franzosen selbst, dann auch von der Heerführung der Engländer und der übrigen Verbündeten, und zwar nicht nur gegen solche, die den Krieg auf eigene Hand begannen und deshalb oben im 3. Kapitel zu berühren waren, sondern auch gegen diejenigen, welche den bereits im Gange befindlichen Krieg unterstüßten und demnach hier in Frage stehen. Die neueste Zeit hat aber zu einer milderen Praxis zu führen begonnen. Sie hat auf die staatliche Autorisation nicht mehr das entscheidende Gewicht gelegt, so wichtig dieselbe auch bleibt, indem z. B. die gegen den Willen des Staates auftretenden Jrregulären, soweit sie nicht etwa als Subjecte

« PreviousContinue »