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17) S. v. Hartmann, Krit. Versuche 2, S. 126, welcher die dem Text entsprechenden Vorschläge Lueder's (Genf. Conv. 319 ff., 439) für unausführbar erklärt. 18) Protokolle S. 26. Die Einrichtung ist auch bereits in einzelnen Staaten, so in Frankreich, eingeführt worden; vgl. Guelle, Précis p. 184 und Bulletin international 1884 p. 153.

19) Vgl. G. F. v. Martens § 285, Guelle, Précis p. 184.

20) Insofern diese in der Nähe des Schlachtfeldes verbleiben, stellt das Desinficiren allerdings auch eine auf sie bezügliche Fürsorge und Gefahrbeseitigung dar; und es soll namentlich dafür gesorgt werden, daß Beerdigungspläße und Hospitäler nicht zu nahe bei einander liegen; vgl. Lueder, Genser Conv. S. 326 und Note 17 daselbst.

21) S. über die Frage Ullmann in der Revue IX. p. 527 ff., Bulletin international 1880 p. 48 ff., Lueder, Genfer Conv., S. 326 ff., Lentner, Das Recht im Kriege, S. 114 ff. und die dort Angef.; Löning, Die Verwaltung des Generalgouvernements im Elsaß, S. 160; Lehfeldt, Die Verwaltungseinrichtungen von Elsaß und Lothringen in v. Holzendorff's Jahrbuch für Gesezgebung c. des Deutschen Reichs, S. 567; H. Kuborn et V. Jacques, De l'assainissement rapide et complet des champs de bataille et des milieux épidémiques, Bruxelles 1876; Erfahrungen aus dem Kriege von 1866 in den Mittheilungen an den Hülfsverein im Großherzogthum Hessen, S. 106. **) Vgl. Zusazartikel zur Genfer Convention 11.

23) Lueder, Genfer Conv., S. 414 unten ff., 443.

*) Denn es kommt bei der heutigen Kriegführung weit mehr auf die Kriegs. schiffe als auf ihre Bemannung an, und außerdem ist der Zudrang von Rettungsfahrzeugen bei der besonders großen Gefährlichkeit dieses Rettungswerkes naturgemäß kein großer. S. Lueder a. a. O. und die dort angeführten Schriften von Ferguson, Steinberg und Moynier.

25) Durch die von den Zusazartikeln 6 Abs. 3, 10 Abs. 1, 11 Abs. 2 zur Genfer Convention vorgeschlagene Bestimmung, daß die Geretteten im selben Kriege nicht weiter dienen dürften, würde der Ausgleich sich allerdings nicht in genügend sicherer Weise herbeiführen lassen (vgl. unten die Lehre von der Kriegsgefangenschaft), wohl aber z. B. durch Internirung der Geretteten durch die neutrale Macht, deren Schiff die Rettung vollbracht hat; Lueder, Genfer Conv. 415. Lepteres ist im 1870/71er Kriege von Italien geschehen, welches auf Grund Königlichen Decretes vom 13. October 1870 ein neutrales Hospitalschiff in Dienst gestellt hatte; Bulletin internat. 1871 p. 106 ff.; vgl. Zusazartikel 13 zur Genser Convention.

§ 99.

Der Schuß des Sanitätspersonals.

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Literatur: Genfer Convention Art. 2, 3. Manuel des Völkerrechtsinstituts 12 ff.

Für den Schuß und die Hülfe, welche die Genfer Convention den verwundeten Soldaten sichern will, ist das Sanitätspersonal wichtig oder vielmehr unentbehrlich. Es kam deshalb der Convention vorzugsweise darauf an, dieses Personal der Angreifbarkeit durch die feindliche Macht

und den Wechselfällen des Krieges möglichst zu entziehen und der ungestörten Ausübung seines Berufes zu erhalten. Das Sanitätspersonal ist demnach für „neutral“1) erklärt worden, d. h. es ist nicht nur unverlezlich und darf nicht combattantenmäßig behandelt, also nicht angegriffen, getödtet, gefangen genommen, noch in seiner wie seiner persönlichen Diener Ehre, Freiheit, Habe irgend geschädigt werden,2) sondern es kann — denn hierauf kommt es ja gerade an - die Ausübung seines Berufes im Herrschaftsgebiet des feindlichen Heeres unbehelligt fortseßen.3)

Richtiger wäre die Bestimmung, daß das in Rede stehende Personal seinen Beruf fortseßen muß, indem nur dann, namentlich nach großen Feldschlachten, die Sorge für die Verwundeten und damit der Grund, auf welchem die „neutrale“ Stellung dieses Personals überhaupt beruht, in volle Geltung_tritt.) Denn man kann dann jene Sorge unmöglich dem Sanitätspersonal des einen Heeres aufbürden wollen, und das Verbleiben des Personals auch des anderen Heeres ist so nothwendig, daß es in mehreren Staaten dem Sanitätspersonal schon durch die Reglements dieser Staaten vorgeschrieben ist.

Zum Verbleiben genöthigt, hat es Anspruch auf Unterhaltsgewährung und Verpflegung.5) Es ist dem eigenen Sanitätspersonal gleich zu be handeln, so daß also wie zwischen den verwundeten Combattanten der beiderseitigen Heere auch zwischen den zu ihnen gehörigen Sanitätspersonen kein Unterschied besteht; und zwar ist das Personal nicht nur zu schüßen, so lange es in Thätigkeit und Ausübung seines Berufes begriffen ist, sondern auch wenn es sich auf Märschen, auf dem Wege zu den Verwundeten und auf dem Rückwege zu den Seinigen befindet,) was wie Anderes, wenn auch nicht aus den Worten, so doch aus dem Geiste der Genfer Convention folgt.

Sobald es entbehrlich geworden und keine militärischen Bedenken entgegenstehen, soll es dann in seine Heimath, bezw. zu seinem Heere entlassen werden.7)

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Voraussetzung für die neutrale" Stellung des Sanitätspersonals und die daraus erwachsenden Rechte desselben ist natürlich, daß es sich auch seinerseits streng neutral verhält und sich nicht nur in keiner Weije am Kampfe betheiligt, was ein Recht zur Wehre gegen unconventions mäßige Angriffe und damit zum Waffentragen aber nicht ausschließt) —, sondern auch sonst seine Stellung, z. B. durch Spioniren und Nachrichtgeben nicht mißbraucht. Es kann überhaupt nicht von einer absoluten Unverleßlichkeit des Sanitätspersonals die Rede sein.9) Dasselbe hat sich vielmehr ebensowohl der eben erwähnten Unrechtlichkeiten zu enthalten und verfällt im entgegengesezten Fall dem Kriegsrecht, als es auch dem Commando, der Disciplin u. s. w. des feindlichen Heeres, in dessen Herrschaftsgebiete es seines Berufes waltet, unterworfen ist, und zur Verhütung von Spionagen oder aus sonstigen militärischen Rücksichten in seiner freien Bewegung beschränkt werden kann.

Die Personen, welche zum Hilfspersonal gehören, sind auf Grund

des Art. 2 der Genfer Convention bereits genannt worden. Es fragt sich aber bezüglich gewisser Personenkategorien, ob sie zu den Genannten gehören, und bezüglich anderer dazu nicht gehörender, ob sie, um den Gedanken des Schußes des Sanitätspersonals zur vollen Geltung zu bringen, nicht noch hinzugefügt werden müssen. Die Fassung der Genfer Convention in der Weise zu reformiren, daß alle mit dem Krankendienst in Verbindung stehenden Personen ausdrücklich genannt und aufgezählt werden, dürfte sich nicht empfehlen, da gerade das zu Nachtheilen und Zweifeln führen könnte. 10) Es wird im Gegentheil genügen, einfach vom Sanitäts- und Sanitätstransports- oder Hilfspersonal zu sprechen und etwa noch die Feldgeistlichen und die persönlichen Diener der Aerzte und Beamten besonders zu nennen.11) Auch Personen, wie Fuhrleute und Trainmannschaften fallen dann mit unter die Bestimmung, wie man sie auch schon nach dem jezigen Wortlaut der Genfer Convention als zu dem personnel affecté gehörig dahin rechnen kann.12)

Daß die Feldgeistlichen mit dahin gestellt werden, bedarf keiner ausdrücklichen Rechtfertigung. Nur haben sie wie alle anderen hierher gehörigen Personen sich auch ihrerseits streng neutral zu verhalten und würden ihre Unverleßlichkeitsstellung verlieren, wenn sie auf ihre Weise den Kampf unterstüßten und z. B. unter den Kriegsparteien vorhandene religiöse Gegensäße zur Fanatisirung oder auch nur Ermuthigung der Truppen benußen wollten. 18)

Gleichzustellen ist dasselbe Personal auf der Marine. 14)

Zu besonderen Schwierigkeiten und mannigfachen Meinungsverschieden. heiten auf den berathenden Versammlungen und in der Literatur hat eine deshalb noch hervorzuhebende Kategorie von Personen geführt, die der freiwilligen Helfer, die vielfach als Theilnehmer an der VerwundetenAufhebung und Pflege auftreten. Sie können einerseits außerordentlich willkommene Theilnehmer an dem viele Hände erfordernden Samariterwerke, andererseits höchst bedenkliche, ungebildete, undisciplinirte, störende, ja, gefährliche Elemente darstellen. Einerseits soll diese Hülfe nicht zurückgewiesen werden, weil der Grundsay gilt, daß Alles, was den Verwundeten an Hülfe zu Theil werden kann, ihnen auch zu Theil werden soll, und weil außerdem die Erfahrung gezeigt hat, daß die regelmäßigen Sanitätseinrichtungen häufig nicht ausreichen. Andererseits ist die militärische Ordnung und Disciplin, die nothwendige Ungestörtheit, ja, Sicherheit (Spionage) und der Ernst des Krieges durch das Auftreten solcher Personen oft geschädigt oder gefährdet worden. 15) Die Schwierig. feit wird gehoben und beiden Gesichtspuncten Rechnung getragen dadurch, daß die freiwillige Helferschaft fest organisirt und unter die militärische Autorität gestellt wird, so daß nur die amtlich zugelassenen freiwilligen Helfer, diese dann aber unzweifelhaft, in Betracht kommen. Sie zählen dann zu dem Sanitäts- und Hülfs- Personale und als Personen, welche dem personnel des hôpitaux, den services de santé, dem transport des blessés angehören, zu den im Art. 2 der Genfer Convention Genannten.

Sie sind wegen der großen Bedenken,16) die man aus dem zweiten der hervorgehobenen Gesichtspuncte staatlicherseits gegen eine den frei willigen Helfern einzuräumende Unverleßlichkeitsstellung hegte, in der Genfer Convention nicht nur nicht ausdrücklich genannt, sondern können auch in der That auf Grund der Convention nicht zu dem Sanitätspersonal gerechnet werden, da sie die amtliche Anerkennung nicht hatten, die Genfer Convention aber nach der unzweifelhaften Intention der dieses Gesetz Vereinbarenden nur auf die amtliche Hülfe bezogen werden kann.")

Empfehlenswerth ist nach den über diese Personen stattgehabten Contro versen zu größerer Sicherheit, sie in dem Geseze auch ausdrücklich zu nennen.18)

Unbenommen ist natürlich dem einzelnen Staate und der einzelnen Heeresleitung, in weiterem und ungezwungenerem Maße die freiwillige Hilfe walten zu lassen. Aber für die hier allein in Betracht kommende internationale Stellung ist die staatliche Anerkennung entscheidend.19)

1) Der Ausdruck ist nicht glücklich, wie ich in Genfer Conv. S. 424 nachzuweisen versucht habe und auch von Anderen (s. ebendas. Note 13) anerkannt ist. Ich habe ihn deshalb in meinen Vorschlägen vermieden und durch „Unverleßlich, keit" u. s. w. erseßt. Das Manuel hat ihn aber beibehalten, 13, 16. S. auch Gareis a. a. D. S. 21. Auch der Deutsche Delegirte in Brüssel von Voigts Rhez brauchte den Ausdruck „inviolabilité“.

2) Genfer Convention, Art. 2: „Le personnel des hôpitaux et des ambu lances, comprenant l'intendance, les services de santé, d'administration, de transport des blessés, ainsi que les aumôniers, participera au bénéfice de la neutralité lorsqu'il fonctionnera et tant qu'il restera des blessés à relever ou à sécourir."

3) Genfer Convention, Art. 3, Abs. 1: „Les personnes désignées dans l'article précédant pourront même après l'occupation par l'ennemi, continuer à remplir leurs fonctions dans l'hôpital ou l'ambulance qu'elle desservent, ou se retirer pour réjoindre le corps auquel elles appartiennent."

4) Daß dies richtiger und in dem Fehlen einer obligatorischen Bestim2; } mung ein Mangel der Genfer Convention liegt, ist sehr allgemein anerkannt. Schon die 1868er Zusazartikel (Art. 1) haben hier zu bessern versucht, indem sie statt pourront" continuera ses soins" sagen und ebenso bezüglich des Marinehilfspersonals (Art. 8) „doit continuer"; und die Verbesserungsvorschläge Lueder's und Anderer seßen an Stelle der Freiheit die Verpflichtung zum Ver bleiben des Sanitätspersonals. Der überaus praktische und sehr hervorragende Beurtheiler der Genfer Convention, Löffler, bezeichnet auf Grund der namentlich im 1866er Kriege gemachten Erfahrungen das Fehlen jener obligatorischen Be stimmung als den größten Mangel der Genfer Convention (Preußisches Militär sanitätswesen S. 69 f.). S. ferner das Protokoll des 1868er Congresses (bei: Lueder, Genfer Conv., S. 205), Bluntschli bei Holzendorff I. S. 316, unt Lueder, Genfer Conv., S. 346 f. Dem entsprachen dann auch die in Brüsse). gemachten Vorschläge (Deutsche und Subcommissionsvorschläge, Actes de la Conférence p. 23): „Quand leurs services cesseront d'être nécessaires"), unl auf denselben Standpunct hat das Manuel des Völkerrechtsinstituts sid doit continuer gestellt, 14: „Le personnel dans la mesure des besoins

des soins" etc.

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*) Dies ist von der Genfer Convention nicht bestimmt. Es folgt aber nothwendig aus der Verpflichtung zum Bleiben und ist deshalb auch von den AdditionalArtikeln (Art. 2), von Lueder's Verbesserungsvorschlägen 2c., von Bluntschli, Moynier, Löffler, Dr. v. C. u. A. anerkannt worden, ebenso vom Manuel des Völkerrechtsinstituts 16: „Des dispositions doivent être prises pour assurer, s'il se peut, au personnel neutralisé, tombé entre les mains de l'ennemi, la jouissance d'un traitement convenable." Ueber die Nebenfrage nach Höhe und Bemessung dieser Competenzen ist gestritten worden, vgl. Bluntschli, Roynier, Lueder, Genfer Conv., S. 348 und 440. Die gelegentlich der Brüsseler Conferenz gemachten Vorschläge bestimmten alle nur, daß für den Genuß des heimischen Soldes Fürsorge zu treffen und dem Sanitätspersonal darauf Vorschuß zu gewähren sei.

*) Bluntschli 587 in der Note, Lueder, Genfer Conv., S. 345, Moynier, Etude, p. 159, Gareis a. a. D. S. 21.

*) Die Genfer Convention sagt Art. 3, Abs. 2 nur: „Dans ces circonstances, lorsque ces personnes cesseront leurs fonctions, elles seront remises aux avantpostes ennemis par les soins de l'armée occupante." S. aber Note 4. Daß die im Text ferner aufgestellte Bedingung, Nichtentgegenstehen militärischer Rücksichten und Bedenken, erfüllt sein muß, ist selbstverständlich. Dieselben beimmen demnach neben der Frage nach der Entbehrlichkeit auch die Ausführungs. modalitäten der Rücksendung (auf dem kürzesten oder einem anderen Wege u. j. w.). . hierüber (es ist im Einzelnen vielfach bestritten und verschieden zu regeln verjucht worden) Lueder, Genfer Conv., S. 346 f., 349 ff., 440 und die dort angef. Monnier, Löffler, Corval, Bluntschli, Dr. v. C., Allgemeine (Darmfädter) Militärzeitung, Actes de la Conférence de Bruxelles. Für den Termin der Entlassung kommt die Gefahr, daß das entlassene Personal Nachricht und Kundschaft geben kann, mit in Betracht, und danach wie nach der Unntbehrlichkeit für die Verwundeten ist die die Entlassung vorschreibende Bestimmung des Art. 3 Abs. 2 der Genfer Convention zu modificiren. Steht keine militärische Rücksicht entgegen, so hat die Rücksendung auf dem kürzesten Wege zu erfolgen. Nach diesen Grundsäßen ist auch zu verfahren, wenn es sich um Sol. daten handelt, die, zum Sanitätsdienst herangezogen und vorübergehend aus der Combattantenstellung ausgeschieden sind, später aber wieder in die lettere zurückzutreten haben. Sie sind unverleßlich, so lange sie für den Sanitätsdienst nöthig find, brauchen aber nachher nicht zurückgesandt zu werden, sondern verfallen der Kriegsgefangenschaft. Vgl. Bluntschli 586, Note 3 im Jahrb. S. 317.

Das Recht der Nothwehr ist Jedermann in jeder Nothlage gestattet, folglich auch dem Sanitätspersonal im Kriege. Vgl. Bluntschli 587 in der Note. Es ist auch von den sämmtlichen in Brüssel vorgelegten Projecten anerkannt worden. e Vorschrift, daß dieses Personal überhaupt keine Waffen tragen dürfe, würde ei den möglichen Vorkommnissen des Krieges ganz unbillig und unklug sein; Lueder, Genfer Conv., S. 346.

6. § 100, Note 5.

Lueder, Genfer Conv., S. 345.

"Ebendas. S. 345 und 440, Dr. v. C. S. 13.

"Bgl. Moynier, Convention de Genève pendant la guerre franco

allemande

P.

9.

Dies wird mit Recht hervorgehoben von Warega, Deutsche medicinische Wochenschrift vom 2. October 1875, S. 13 f.

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