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14) 1868er Zusaß-Artikel 7 und 8, wo genannt wird: „Le personnel religieux, médical et hospitalier“ und Lueder's Vorschläge, Art. 8 in dessen Genfer Convention, S. 443. Ebenso haben die Bestimmungen des Art. 3 Gültigkeit auch für das gesammte Marine-Sanitäts- und Marine-Sanitäts-Transport-Personal mit Einschluß auch hier der Feldgeistlichen und der freiwilligen Helfer, der lezteren unter der ferneren Bedingung, daß sie eine Autorisation des Souveräns, welcher die besondere Ermächtigung zu ihrer Ausrüstung ertheilt hat, sowie ein Document der zuständigen Marinebehörde an Bord haben, welches bescheinigt, daß ihr Schiff während der Ausrüstung und beim schließlichen Auslaufen aus dem Hafen von der Marinebehörde controlirt und einzig und allein für den Zweck der freiwilligen Hilfe ausgerüstet ist.

15) Für beides, für die ersprießlichste und aufopferndste Thätigkeit der frei willigen Helfer wie für ein störendes, selbstsüchtiges, ja, gefährliches Auftreten der selben, hat die neueste Kriegsgeschichte zahlreiche Beispiele aufzuweisen, s. nur Rolin Jaequemyns in der Revue III. p. 330 und und die sonstige bei Lueder, Genfer Conv., S. 356 ff. angef. Literatur. Vgl. v. Hartmann, Krit. Vers. 2, S. 119 ff.

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16) Die Bedenken werden scharf hervorgehoben von v. Hartmann, Krit. Vers. 2 S. 119 ff., der eine eigentlich dienstliche Stellung der freiwilligen Helfer und das Bindemittel der Dienst verpflichtung verlangt und ausspricht, daß die freiwillige Krankenpflege ohne strenge militärische Einordnung verhältnißmäßig wenig leiste.

17) S. Moynier, Convention pendant la guerre franco-allemande p. 7, 8, Löffler a. a. O. S. 51, Lueder, Genfer Conv., S. 359. Versuche, die frei willigen Pfleger in die Convention aufzunehmen, sind allerdings nicht nur 1864 in Genf, sondern auch 1868 und auf den anderen Versammlungen gemacht worden, haben aber, abgesehen von den 1867er Pariser voeux, keinen Erfolg gehabt; s. Näheres bei Lueder, Genfer Conv., S. 357. Auch das Russische Project für die Brüsseler Conferenzen erwähnte der freiwilligen Helfer nicht, während der Entwurf des Deutschen Bevollmächtigten v. Voigts - Rhez und nach ihm der der Brüsseler Subcommission sie nannte, aber nur mit dem Zusaße: „admis sur le théâtre de la guerre par les autorités militaires," i. Actes de la Conf. de Bruxelles, Annexes X. und XIII.

18) Das thut auch das Manuel des Völkerrechtsinstituts, 13: „Les membres et agents des sociétés de secours dûment autorisées à seconder le personnel sanitaire officiel." Daß auch diese Personen und namentlich diese Personen sich unbedingt der Heeresleitung zu unterwerfen, sowie daß sie sich den Staats- und Heereseinrichtungen anzuschließen haben, ist selbstverständlich und gegenwärtig wohl allgemein anerkannt, vgl. z. B. Schmidt-Ernsthausen S. 13, 26, Bluntschli 590, Note 1, und Jahrbuch S. 319, Gareis a. a. D. S. 22, 24.

19) Vgl. über die freiwilligen Helfer und ihre Stellung die gekrönte Preisschrift von v. Criegern, Das Rothe Kreuz in Deutschland, Handbuch der frei willigen Krankenpflege für die Kriegs, und vorbereitende Friedensthätigkeit, 1883. und die von Lueder, Genfer Conv., S. 355 ff. angef. Literatur: Moynier, Bluntschli, Löffler, Rolin Jaequemyns, Schmidt. Ernsthausen. v. Hartmann a. a. O. u. A., sowie auch das oben, S. 300, Note 9 bezüglich des Rothen Kreuzes Angegebene. Das ganze Institut bildet einen wesentlichen Bestandtheil des letteren und wird von den auf dessen Wirksamkeit bezüglichen

Bestrebungen, namentlich von den bis in die neueste Zeit fortgeseßten Bemühungen des Genfer internationalen Comités u. s. w. vorzugsweise umfaßt, die einerseits sehr dankenswerth sind, andererseits aber übertriebene, die souveräne Stellung der Einzelstaaten berührende und nie praktisch werdende Ansprüche vermeiden müssen wie die Einsetzung von solchen internationalen Behörden, welche über die Zulassung, Stellung u. s. w. der freiwilligen Helfer zu entscheiden hätten, oder wie die Abordnung von Vertretern seitens der Hilfsvereine und Comités in die Hauptquartiere u. s. w., lezteres schon von den 1867er Pariser Versammlungen vorgeschlagen, vgl. Lueder, Genfer Conv., S. 360.

§ 100.

Der Schuß der Sanitätsanstalten.

Literatur: Genfer Convention Art. 1, 4, 6, Abs. 5. Manuel des Völkerrechtsinstituts 35 ff.

Wie das Sanitätspersonal, genießen auch die Sanitätsanstalten einen besonderen Schuß gegen Verlegungen und Störungen aller Art und müssen ihn genießen, wenn sie ihren Zweck erfüllen sollen.1) Als solche Anstalten erscheinen die Hospitäler und Ambulancen, Haupt- und Feldlazarethe nebst dem zu ihnen gehörenden Material, die Verbandpläge, sowie die Sanitätszüge und überhaupt alle der Verwundetenpflege dienenden Anstalten, wie auch die für die Verwundeten bestimmten Zufuhren. Daß es militärische Hospitäler 2c. sind, ist nicht erforderlich.2)

Alle diese Anstalten dürfen deshalb nicht beschossen, besezt noch sonst in irgend einer Art für ihren Zweck untauglich gemacht werden. Dafür liegt aber auch ihnen die Pflicht ob, daß sie auch ihrerseits strenge Neutralität halten und in keiner Weise zu Kriegszwecken benutzt werden. Deshalb fällt der diesen Anstalten eingeräumte Schuß weg, sobald sie militärisch besetzt und damit für die Kriegsoperationen, sei es zum Zweck der Offensive, sei es zu dem der Defensive in Betracht kommende Positionen sind. Auf Lezteres kommt es an, so daß die Anwesenheit eines Sicherheitspostens oder derartiger geringfügiger, nicht zur Krieg, führung bestimmter Mannschaft in der Anstalt noch keine, die „Neutralität" ausschließende militärische Besetzung darstellt.3)

Wird die Bedingung aber erfüllt, so sind die Anstalten nicht nur unverlegt zu lassen, sondern es muß auch vom Feinde wie von der eigenen Kriegsmacht für sie gesorgt, das erforderliche Material angeschafft werden 2c.4) Es darf dann kein Unterschied gemacht werden, weder zwischen feindlichen und eigenen Anstalten, noch zwischen feindlichen und eigenen Soldaten, welche in den Anstalten untergebracht oder unterzubringen sind. Bezüglich der ganzen Verwaltung, etwaiger Ausräumungen3) (évacuations) und alles Sonstigen hat die herrschende, eventuell

also die occupirende Kriegsgewalt in unparteiischer, angemessener und ihren Verwaltungsmaßregeln entsprechender Weise zu verfahren.

Auch leer stehende Hospitäler genießen des Schußes und dürfen nicht in einer ihrem Zwecke widersprechenden Weise behandelt werden, obgleich die Genfer Convention den Zusaß enthält: „Aussi longtemps qu'il s'y trouvera des malades ou des blessés".6) Dies ist aber nicht so zu verstehen, als ob diese Anstalten unter keinen Umständen zu anderen Zwecken, z. B. zu Einquartierungen gesunder Truppen benutzt werden dürften.

Hinsichtlich des Charakters der Anstalten ist zu unterscheiden zwischen stabilen und beweglichen, 7) indem von dieser auf dem verschiedenen Charakter der beiden Arten von Anstalten beruhenden Unterscheidung das Schicksal des in der Anstalt befindlichen Materials abhängt.

Nur das Material der ständigen Militäranstalten darf nämlich nach gegenwärtigem Recht weggenommen und als Gegenstand der Beute be handelt werden, während das Material der beweglichen Anstalten denselben verbleibt und nicht weggenommen werden darf. Der Grund hierfür, d. i. die Verschiedenheit des Charakters der beiden Arten von Anstalten, beruht darauf, daß die beweglichen Sanitätsanstalten den Zwed haben, die erste Hilfe schnell, bald hier, bald dort zu leisten und dem. gemäß in besonders exponirter Lage sich befinden und gleichwohl geschüßt sein müssen, wenn sie ihren Zweck nicht völlig verfehlen sollen. Dies ist anders bei dem in dubio bedeutenderen und werthvolleren Material der weniger exponirten ständigen Anstalten, das dem Sieger verfallen muß und seiner Verwendung für die eigenen Verwundeten wie für die des Gegners, für die er conventionsmäßig zu sorgen hat, nicht vorent halten werden kann. Nur sollte das der occupirenden Macht zugesprochene Recht kein eigentliches und unbeschränktes Beuterecht, sondern nur ein Dispositions- und Benußungsrecht sein, so daß das entbehrliche Material freizulassen und dem abziehenden Personal mitzugeben wäre, was freilich in vielen Fällen, aber doch nicht in allen praktisch auf dasselbe hinauskommen wird.) Das gesammte Privateigenthum des Personals ist so wie so von der Wegnahme ausgeschlossen und verbleibt dem lezteren.")

Das Material der freiwilligen Hülfsgesellschaften steht dem übrigen ganz gleich, weder schlechter noch besser.

Der Versuch, die Bade- und Curorte den übrigen Sanitätsanstalten gleichzustellen und ebenfalls für „neutral“ zu erklären, hat bis jezt keinen Erfolg gehabt und wird einen solchen auch schwerlich haben. Denn es besteht dafür kein genügendes Bedürfniß, und die Forderung ist des halb theils überhaupt nicht durch die Humanität begründet, theils eine solche, der kriegerische Bedenken entgegenstehen, so daß eine völkerrechtliche, die Staaten unbedingt verpflichtende Regel nicht aufgestellt werden kann.1o)

Was endlich die Anwendung der hierher gehörigen Conventionsbestimmungen auf den Seekrieg und die Marine anbetrifft, so ist schon (79) bemerkt worden, daß dieselbe im Allgemeinen bereits in den

vereinbarten Bestimmungen selbst enthalten ist. Im Einzelnen dürfte diese Anwendung in folgender Weise zu regeln und formuliren sein.11)

Die Hospitalschiffe und Flöße und die der freiwilligen Hülfe dienenden Fahrzeuge 12) sollen wie die Sanitätsanstalten im Landkriege nicht nur nicht angegriffen und absichtlich beschädigt, noch weggenommen oder in ihrer Aufgabe gehemmt, sondern müssen auch, soweit es sich um militärische Hospitalschiffe handelt, zweckentsprechend von der occupirenden und den Oberbefehl über sie übernehmenden Macht unterstüßt und erhalten werden. Unter demselben Schuße stehen Handelsschiffe und MarineFahrzeuge, welche Kriegsverwundete oder Kranke aufgenommen haben, gleichviel, welcher Nationalität sie angehören. Etwaige gleichzeitige anderweitige Ladungen der Handelsschiffe sollen, sofern die Ladung nicht in Kriegscontrebande besteht, durch die aufgenommenen Kriegsleidenden gedeckt sein. Dagegen dürfen die vorgenannten Fahrzeuge Gegenstand von Angriffen werden, wenn sie eine Militärmacht an Bord haben, worunter aber nicht auch einzelne zur Handhabung der Ruhe und Ord. nung bestimmte Mannschaften zu verstehen sind, oder wenn sie Kriegscontrebande mit sich führen oder wenn sie sich irgendwie zu Gunsten der einen oder anderen Partei am Gange der kriegerischen Operationen be theiligen. Auch sind die kriegführenden Parteien berechtigt, wenn sie es im Interesse ihrer militärischen Operationen für erforderlich halten, allen freiwillig helfenden Schiffen eine bestimmte Cursrichtung vorzuschreiben oder zu untersagen, sie zu entfernen oder zurückzubehalten, und haben. außerdem jederzeit das Recht, diese Schiffe durch Ausübung des Be- und Durchsuchungsrechtes zu controliren. Hinsichtlich des Materials stehen die militärischen Hospitalschiffe den ständigen, alle übrigen den beweglichen Sanitätsanstalten im Landkriege gleich.13)

1) Sie sind sogar in erster Linie in's Auge gefaßt und an der Spiße der Convention behandelt worden. Diese Anordnung ist aber, da von den Verwundeten selbst ausgegangen werden muß, weniger richtig und logisch; s. oben S. 302, 306, 310 und § 98, Note 8.

*) Deshalb würde auch der Zusat „militaires" (ambulances et hôpitaux militaires) besser wegfallen (Lueder, Genfer Conv. 368 unten f.); er ist in den verschiedenen Verhandlungen mit Recht vielfach getadelt worden und war auch (wie ebenfalls schon in das 1868er Project) in die verschiedenen Brüsseler Vor. schläge nicht aufgenommen.

3) Vgl. Lueder, Genfer Conv. S. 375 und die dort angeführte Literatur. Ueber den Punct ist viel Streit gewesen. Er darf aber gegenwärtig wohl für erledigt in dem Sinne gelten, der im Text angegeben ist, nachdem diesem Sinne entsprechend auch die in Brüssel gemachten Vorschläge (f. Actes de la Conf. de Bruxelles p. 23), wie bereits früher Lueder in seinen Verbesserungsvorschlägen und jezt weitaus die meisten Schriftsteller, z. B. Dr. v. C., Bluntschli, Guelle sich ausgesprochen haben. S. auch das Manuel des Völkerrechtsinstituts 37. Für Sanitätszüge u. s. w. gilt dasselbe wie für die übrigen Anstalten. Die Posten

selbst werden im Fall der Occupation durch die Gegenseite zu Kriegsgefangenen, ebenso wie die zum Sanitätsdienst herangezogenen Soldaten, § 99, Note 7 a. E. 4) Vgl. Lueder, Genfer Conv. S. 378, 379. Dies ist allerdings von der Genfer Convention nicht ausdrücklich vorgeschrieben, aber es entspricht ihrem Geiste und dem dem Ganzen zu Grunde liegenden Gedanken; es sollte deshalb vorgeschrieben werden.

5) Die nach dem bestehenden Kriegsrecht überhaupt zulässigen Ausräumungen gehören zu den geschüßten Anstalten oder Maßregeln. Ueber die bezüglich ihrer bestehenden Fragen s. Lueder, Genfer Conv. S. 361 unten ff., 379 ff. Die Frage, wann die Ausräumung verlangt werden kann, wird weiter unten bei den Belagerungen berührt werden. Die Evacuationen dürfen auch über neutrales Gebiet gehen, und dagegen gerichtete Reclamationen Frankreichs im 1870/71 Kriege waren nicht begründet. Gegen die vom Art. 6 der Genfer Conv. verheißene „neutralité absolue" auch Gareis a. a. D. S. 24. Von einer unbeschränkten Bewegungsfreiheit kann auch hier nicht gesprochen werden; vgl. Note 7 zum vorigen Paragraphen und im Texte daselbst.

6) Spätere Versammlungen haben die Streichung des Zusaßes, über den viel verhandelt ist, vorgeschlagen; das Manuel des Völkerrechtsinstituts hat ihn gleichwohl beibehalten, 35. Richtig ist allerdings, daß sich gewisse Unterschiede für die Behandlung daraus ergeben können, ob die Anstalt mit Verwundeten belegt ist oder nicht. Doch wird die Beachtung dieser Unterschiede sich nicht leicht in einem Gesez, das nicht auf ganz detaillirte Bestimmungen eingehen will, for muliren lassen. Vgl. Lueder, Genfer Conv. S. 375.

7) Die Genfer Convention unterscheidet zwischen,,hôpitaux" und „, ambulances", die deutschen Ueberseßungen zwischen Hauptfeldlazarethen“ und „leichten Feld. lazarethen", welche Ausdrücke vielfach getadelt worden sind. S. dagegen den 3. Zusagartikel zur Genfer Convention, der mit der besseren, zuerst von Löffler u. A. vorgeschlagenen Bezeichnung „ständige“ oder „stabile“ und „bewegliche“ oder „temporäre" im Wesentlichen übereinstimmt.

5) Vgl. Lueder, Genfer Conv. S. 372 ff.; ebendas. S. 370 ff. und bei den dort Angef., Moynier, Löffler, Corval, Bluntschli, der die Berechti gung der Unterscheidung verkennt, über die Frage nach der leßteren überhaupt. S. auch die Verhandlungen der Brüsseler Conferenz in den Actes de la Conf. de Bruxelles p. 21 ff.

9) Lueder, Genfer Conv. S. 374.

10) Auf den Brüsseler Conferenzen ist die Frage auch nicht berührt worden. vgl. Moynier, Convention de Genève pendant la guerre franco-allemande p. 22 und Lueder, Genfer Conv. S. 366 ff.

11) Es ist dies die in Lueder's Verbesserungsvorschlägen aufgestellte Formu lirung (Genfer Conv. 443, 444). Vgl. die die Marine betreffenden Zusagartikel des 1868er Genfer Congresses.

19) Nur müssen sie natürlich die im vorigen Paragraphen angegebenen Be dingungen erfüllen.

18) Man unterscheidet zwischen eigentlichen Hospitalschiffen und bloßen „embarcations", kleineren, leichteren und geringer ausgestatteten Fahrzeugen. Diese beiden Classen verhalten sich wie die ständigen und die beweglichen Land-Sanitätsanstalten zu einander. Die unter Umständen sehr wichtigen und werthvollen Hospitalschiffe anders zu stellen wie die ständigen Anstalten (hôpitaux) zu Lande und für „neutral" zu erklären, verbietet sich außer aus anderen schon aus den

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