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1. Le pavillon neutre couvre la marchandise ennemie, à l'exception de la contrebande de guerre.

2. La marchandise neutre, à l'exception de la contrebande de guerre, n'est pas saisissable sous pavillon ennemi.

Diese Grundsäge sind seitdem in allen Kriegen beobachtet. Die Versuche Englischer Politiker im Parlament, davon zurückzutreten, unter dem Vorwand, daß die Erklärung kein bindender Vertrag sei,1) oder daß die Englischen Bevollmächtigten bei Unterzeichnung derselben ihre Instructionen überschritten hätten, sind ohne Folge geblieben. 2) Kein Ministerium hat gewagt, sich von denselben loszusagen, weil man einsah, daß die Neutralen eine Rückkehr zum früheren Englischen Seerecht nicht dulden würden. Obwohl die Grundsäße der Declaration selbstverständlich nicht bindend für und gegen die Staaten sind, welche ihnen nicht beigetreten, so konnte doch Drouin de l'Huys, der als Minister besonders auf ihre Annahme gedrängt, mit Recht später sagen: „Le système inauguré par la guerre de 1854 répondait si bien à des besoins communs à tous les peuples, qu'il prit sans difficulté le caractère d'une réforme définitive du droit international." (Les Neutres pendant la guerre d'Orient 1868.)

Der Amerikanische Bürgerkrieg zeigte mehrfach Beispiele von Verlegung neutraler Pflichten und Rechte. Der ersteren machte sich namentlich England schuldig, indem es nicht verhinderte, daß die Südstaaten in seinen Häfen Kreuzer gegen den Norden bauten, und die Wiederaus. rüstung derselben in Häfen seiner Colonien nicht hinderte. Es hat im Vertrage von Washington 1871 sein Unrecht zugegeben, dafür die vom Genfer Schiedsgericht festgesezte Entschädigung gezahlt und schon vorher seine Neutralitätsgeseze abgeändert, um sie mit seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen in Einklang zu bringen. Andererseits haben in jenem Kriege die Vereinigten Staaten, welche bisher die beharrlichsten Verfechter neutraler Rechte gewesen waren, nicht nur die Rechte der Kriegführenden auf die Spize getrieben, indem sie z. B. die ganze Küste der Südstaaten für blokirt erklärten, längst ehe sie eine hinreichende Seemacht besaßen, um die Blokade wirksam zu üben, sondern sie haben auch die Rechte der Neutralen offen verlegt, indem sie z. B. der alten Theorie der einheitlichen Reise die mißbräuchlichste Ausdehnung gaben. Das Urtheil in dem später näher zu erwähnenden Springbok Fall ist ein Flecken in der Geschichte Amerikanischer Admiralitätsgerichtsbarkeit, und noch schlimmer war es, daß die gemischte internationale RevisionsCommission dies Urtheil bestehen ließ. Auffallend ist es auch, daß die Vereinigten Staaten, im Widerspruch mit ihrem Vertrage mit Italien vom 26. Februar 1871 im Art. 19 ihres Vertrages mit Peru vom 6. September 1870, und im Art. 16 ihres Vertrages mit Salvador vom 6. December 1870 verabredet haben, that neutral property on board enemies vessels shall be held and considered as enemy's property, and as such shall be liable to detention and confiscation."

Die einzelnen Fragen, zu deren Erörterung der Deutsch-Französische

Krieg Anlaß gab, werden in der systematischen Darstellung zu betrachten sein. Dem Fortschritt in der Feststellung neutraler Rechte und Pflichten entspricht die Doctrin; wenn einzelne Englische Schriftsteller, wie Manning, Phillimore, Harcourt, noch suchen die einseitige Geltendmachung der Rechte der Kriegführenden zu vertheidigen, so stehen sie damit vereinzelt gegenüber der communis opinio der Autoritäten aller anderen Nationen.

1) Lord Granville bemerkte auf diesen Einwand am 21. Mai 1885, die Verfassung fordere nicht für die Gültigkeit eines solchen internationalen Uebereinkommens eine Parlamentsacte, die Zustimmung der Krone aber sei gegeben. Lord Clarendon habe durchaus correct gehandelt, indem er der Declaration beigetreten und dasselbe Verfahren beobachtet, wie Lord Castlereagh auf dem Wiener Congreß bei der Erklärung gegen den Sklavenhandel, welche von allen Mächten, die daran betheiligt gewesen, als bindend anerkannt sei.

2) So der Antrag J. St. Mill's vom 5. August 1867, Bentinck's vom 21. April 1871, Baillie Cochrane's vom 15. April 1875, Percy Wind. ham's vom 2. März 1877, Lord Lamington's vom 21. Mai 1885.

§ 136.

Arten der Neutralität.

Literatur: Sir Tr. Twiss, On international conventions for the neutralisation of territory. London 1887.

de la Belgique 1843.

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Arendt, Essai sur la neutralite

Die Neutralität hat grundsätzlich stets denselben Inhalt, und wie sie erst mit einem Kriege anderer Staaten ins Leben tritt und mit demselben endet, so ist sie auch regelmäßig eine freiwillige, indem jedem souveränen Staate freisteht, sich an einem Kriege zu betheiligen oder nicht. Es giebt aber Fälle, wo durch Collectivbeschluß einer Reihe von Staaten eine dauernde und obligatorische Neutralität für gewisse Gebiete festgesetzt ist, sei es, daß die Regierungen solcher Gebiete hieran selbst theilnehmen, sei es, daß sie nur die Rechte und Pflichten auf sich nehmen, welche aus einem solchen Beschlusse fließen. Hier ist also die Neutralität eine dauernde Eigenschaft geworden, welche zwar, wie die Bündnißverträge, erst in dem Kriegsfall, für den sie festgesezt ist, ihre volle Bedeutung erhält, aber schon im Frieden ihre Wirksamkeit insofern äußert, als der neutralisirte Staat verpflichtet ist, auch im Frieden alles zu vermeiden, was bei Ausbruch des Krieges die Aufrechterhaltung seiner Neutralität zu erschweren geeignet ist.

Der neutralisirte Staat muß also nicht nur im Kriegsfall jede Maßregel vermeiden, welche ihn in den Streit Anderer verwickeln könnte, sondern er darf auch im Frieden keine Verpflichtungen übernehmen, welche

dazu führen könnten, er darf also überhaupt keine Offensivallianz schließen und eine defensive höchstens zur Befestigung seiner Neutralität, niemals zur Vertheidigung eines anderen Staates. Er darf also auch an der Garantie der Neutralität eines anderen Staates nicht theilnehmen, weil die Vertheidigung derselben ihn selbst in Krieg verwickeln könnte. Bei der Neutralisirung Luxemburgs durch den Vertrag vom 11. Mai 1867, an dem Belgien sich übrigens betheiligte, nahm dasselbe nicht an der Garantie der übrigen Mächte Theil, wie Art. II. sagte: „,à l'exception de la Belgique, qui est elle-même un état neutre.“

Dagegen ist der neutralisirte Staat vollkommen berechtigt, alle Anstalten zu treffen, um auch selbst seine Neutralität zu vertheidigen. Belgien hat Millionen für die Befestigung Antwerpens ausgegeben, und ist im Begriff, weitere große Aufwendungen für die Sicherung seiner Grenzen zu machen. Es hat 1870/71 durch ein schlagfertiges Heer jede Verlegung seiner Neutralität ebenso zu verhindern gewußt, wie die Schweiz, welche die übergetretene Armee Bourbaki's aufnahm, aber sofort entwaffnete. Wenn im Art. 3 des Vertrages vom 11. Mai 1867 gesagt war: „le GrandDuché de Luxembourg étant neutralisé, le maintien ou l'établissement de places fortes sur son territoire devient sans nécessité comme sans objet“, und der König-Großherzog Artikel 5 verspricht, daß die Befestigung Luxemburgs auch künftig nicht wieder hergestellt werden soll „et qu'il n'y sera maintenu ni créé aucun établissement militaire", so ist das zwar eine der Luxemburgischen Neutralität eigenthümliche Beschränkung, aber dieselbe geht nur auf places fortes. Lediglich für die Stadt Luxemburg wird die Zahl der dort anwesenden Truppen auf so viel, wie zur Erhaltung der Ruhe erforderlich ist, begrenzt. Jm Uebrigen kann das Großherzogthum so viel Truppen halten, wie es will, und es ist sein freier Wille, wenn es dies nicht thut. Das Protokoll Nr. 4 enthält deshalb auch die vom Belgischen Bevollmächtigten beantragteErklärung: Il est bien entendu que l'art. 3 ne porte point atteinte au droit des autres puissances neutres de conserver, et au besoin d'améliorer, leurs places fortes et autres moyens de défense. Dagegen ist die Behauptung Arendt's nicht richtig, der neutralisirte Staat könne verlangen, daß an seiner Grenze von den Nachbarn keine neuen militärischen Anlagen gemacht werden dürften, weil solche seine Neutralität bedrohen könnten. Wenn Desterreich dies im Art. 8 der Wiener Congreßacte zu Gunsten der Neutralität Krakaus versprach, so war dies ein freies Zu geständniß, zu dem es nicht verpflichtet war. In allen übrigen Verhältnissen bleibt der neutralisirte Staat vollkommen souverän. Er kann mit seinen Nachbarn einen Zollverein eingehen, seine Eisenbahnen Fremden zum Betrieb übergeben, wie Luxemburg beides gethan hat. Der Souverän eines neutralisirten Staates kann sogar Oberhaupt eines anderen Gemeinwesens werden, wie König Leopold II. von Belgien das des Congostaates, indem eine solche Personal-Union die Beziehungen des neutralisirten Staates an sich unberührt läßt. Eine solche dauernde Neutralisirung

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ist nun offenbar ein Ausnahmezustand, der nicht willkürlich hervorgerufen werden kann. Derselbe ist einerseits dem Interesse des neutralisirten Gebietes sehr förderlich, indem dasselbe vor der Gefahr bewahrt wird, in kriegerische Verwickelungen hineingezogen zu werden, und dadurch die Gewähr der friedlichen Entwickelung seines Ackerbaues, Handels und Gewerbfleißes erhält. Andererseits aber liegt in der Verpflichtung des neutralisirten Staates, nie zu den Waffen zu greifen, sofern er nicht selbst angegriffen wird, eine Beschränkung seiner Souveränetät. Eine solche kann so wenig einseitig auferlegt als die erwähnten Vortheile verliehen werden können. Ein Staat kann sich demnach so wenig aus eigener Machtvollkommenheit neutralisirt erklären, als ein einzelner anderer Staat ihm diese Eigenschaft verleihen kann, denn in beiden Fällen würden dritte Staaten nicht verbunden sein, solche Verfügungen zu achten. Es müssen also alle oder doch die hauptsächlich interessirten Mächte zusammenwirken, um eine derartige dauernde Neutralisirung herbeizuführen, und hierfür einen gemeinsamen Beschluß fassen, den andere Staaten wenigstens stillschweigend gelten lassen. Für einen derartigen Beschluß ist die Vorausseßung, daß diese Mächte ein gleiches Interesse haben, ein Land oder Gewässer nicht einer derselben zur Ausbeutung oder Bevormundung zu überlassen. Die Eifersucht jeder derselben, welche bei einem Bündniß einer Macht mit dem betreffenden Staate oder einer Schuhherrschaft über diesen unvermeidlich wäre, wird somit ausgeschlossen, indem kein anderer Staat von dem neutralisirten mehr zu erwarten hat als die Erfüllung seiner dauernden Neutralitätspflichten, und um den betreffenden Beschluß wirksame Kraft zu verleihen, ist meist die Aufrecht erhaltung der Neutralität unter die Garantie der beschließenden Mächte gestellt. In erster Linie ist die Neutralisirung verfügt für mehrere kleinere Staaten, die zwischen größeren liegen und bei denen es dem Interesse ihrer großen Nachbarn entspricht, durch einen Collectivact, der also auch nicht durch Krieg zweier derselben hinfällig wird, zu verhindern, daß der betreffende Staat von einem oder dem anderen mächtigen Nachbarn als Angriffsbasis gewählt werde. Sodann für gewisse Gewässer und zwar entweder negativ, indem die Einfahrt von Kriegsschiffen in dieselben oder die Befahrung durch solche untersagt wird, oder positiv indem sie der Durchfahrt der Kriegsschiffe aller Nationen geöffnet werden, aber jeder Act der Feindseligkeit in dem Gewässer verboten ist.

$137.

Neutralisirte Staaten.

Die so neutralisirten Staaten sind folgende:

1. Die Schweiz. Der Westphälische Friede anerkannte die Un abhängigkeit derselben. Ihre Neutralität bis zur Französischen Revolution beruhte auf Specialverträgen der Cantone mit deren Nachbarstaaten,

wobei meist ausgemacht wurde, daß diese bis zu einem gewissen Betrag Soldaten in den betreffenden Cantonen anwerben durften, ohne daß dies die Neutralität der letteren berühren solle. In der Revolution ward die Schweiz Kriegsschauplag. Innere Zwistigkeiten der Cantone gaben dem ersten Consul Bonaparte den Vorwand zur Einmischung, und eine neue Verfassung unter dem Titel der Mediationsacte vom 19. Juli 1803 wurde von ihm der Schweiz aufgenöthigt, an die sich der Bündnißvertrag vom 27. September 1803 schloß. Danach verpflichtete sich die Französische Republik gegen die Schweiz „,d'employer constamment ses bons offices pour lui procurer sa neutralité, et pour lui assurer la jouissance de ses droits envers les autres puissances," sowie dieselbe auf ihr Begehren gegen jeden Angriff zu vertheidigen (Art. 2). Beide Staaten versprachen, den gegenseitigen Feinden den Durchmarsch zu verwehren, nöthigerweise à main armée", und wenn sie den Beistand des anderen Theiles angerufen, nicht ohne dessen Zustimmung Friede zu schließen. Frankreich durfte 16 000 Schweizer in seinem Dienst halten, und diese Zahl um 8000 vermehren, wenn sein damaliges festländisches Gebiet angegriffen wurde (Martens, Suppl. III., p. 569.) Bei einem solchen Bündniß konnte von Neutralität kaum die Rede sein. Demgemäß erklärten die Bevollmächtigten Desterreichs und Rußlands, als nach der Niederlage Napoleons die außerordentliche Tag. sagung vom 18. November 1813 die Neutralität der Schweiz verkündete, daß sie eine solche, die nur dem Namen nach bestehe, nicht achten könnten, und eine verbündete Armee unter Schwarzenberg rückte in das Gebiet derselben ein. Durch Convention vom 20. Mai 1814 gestatteten die Cantone den Durchmarsch.

Durch die Erklärung vom 20. März 1815 wurde von den Unterzeichnern des ersten Pariser Friedens in Anbetracht „que la neutralité et l'inviolabilité de la Suisse, ainsi que son indépendance de toute influence étrangère est conforme aux véritables intérêts de la politique Européenne“ der Schweiz eine dauernde Neutralität garantirt und dies durch Art. 84 der Wiener Congreßacte bestätigt. Erst hierdurch ist die Neutralität der Schweiz als Europäische Institution begründet und derselben der dauernde Charakter gegeben, der ohne Zustimmung aller Contrahenten nicht geändert werden kann. Dieser Schritt war gewiß vollkommen richtig, da die Schweiz nicht nur zwischen großen Nationalstaaten gelegen, sondern selbst aus drei Nationalitäten zusammengesezt ist, allein eine republicanische Verfassung hat und im Besiß der wichtigsten Gebirgspässe und Stromquellen ist, somit im Kriege den steten Streitgegenstand ihrer großen Nachbarn bilden würde. Diese Neutralität ist denn auch seitdem stets beobachtet und behauptet.

Zur Ergänzung dieser Neutralität wurde in Art. 92 der Congreßacte bestimmt: „Les provinces de Chablais et du Faucigny et tout le territoire de Savoie au nord d'Ugine, appartenant à S. M. le Roi de Sardaigne, feront partie de la neutralité de la Suisse, telle qu'elle est

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