Page images
PDF
EPUB

führender Act ist, den er nicht dadurch begünstigen darf, daß er dem Captor erlaubt, über die Prise in seinem neutralen Hafen zu verfügen. Das Einlaufen der Kriegsschiffe mit einer Prise ist noch keine Verletzung der Neutralität, sofern der neutrale Staat es nicht allgemein oder für die Dauer des Krieges untersagt hat, wohl aber die Verwerthung im Gebiete des neutralen Staates. Auch der angeführte Art. 19 des Vertrages zwischen Preußen und den Vereinigten Staaten von 1799, der noch in Kraft steht, sagt nur: „but may be freely carried out again at any time by their captors to the places expressed in their commissions, which the commanding officer of such vessel shall be obliged to show," und diese Erlaubniß wird beschränkt durch die erwähnte Verfügung des Präsidenten vom 22. August 1870, daß kein Kriegsschiff der kriegführenden Theile länger als 24 Stunden in Amerikanischen Gewässern bleiben darf, Seenoth oder Reparaturen ausgenommen.1) Die Englische Regierung ließ in dieser Beziehung ihre Neutralität im Amerikanischen Bürgerkriege verlegen. Sie hatte bestimmt, daß jeder Kreuzer, der Prisen in Britische Häfen bringe, aufgefordert werden solle, sofort wegzugehen und die Prisen fortzuführen; nur bei Seenoth und anderen unabweisbaren Umständen sollte ein längerer Zeitraum gewährt werden. Der Statthalter der Cap Colonie aber gestattete, daß im August 1863 die „Alabama" mit einem gekaperten Schiffe „Tuscaloosa“, das der Capitän als tauglich zum Kreuzen erachtete, unter dem Vorwand zugelassen wurde, daß dasselbe, weil er einige Leute und zwei kleine Kanonen daraufgesezt, jezt sein Begleitschiff (tender) sei. Der Commandant der dortigen Britischen Flottenstation, Admiral Walker, widersezte sich der Zulassung des Schiffes, weil ein genommenes Schiff, um ein Kriegsschiff zu werden, auch wirklich als solches verwendbar sein müsse, was die Tuscaloosa" keineswegs sei, die auch noch ihre ganze Ladung Wolle an Bord habe. Wenn der Capitän sie sein Begleitschiff nenne, so sei das nur ein Kunstgriff, um das Verbot zu umgehen, Prisen in neutrale Häfen zu bringen. Trogdem verfügte der Statthalter die Zulassung, da das Verbot nur auf die Schiffe, nicht auf deren Ladung gehe. Der Capitän verkaufte die Wolle an einen Händler in der Capstadt und ließ sie auf einem außerhalb der Britischen Jurisdiction belegenen Plaze landen. Der Statthalter erhielt nachträglich allerdings von London die Weisung, die „Tuscaloosa“ mit Beschlag zu belegen, und that dies, als sie später in die Tafelbai zurückkehrte. Der befehligende Lieutenant beschwerte sich lebhaft dagegen und fragte, weshalb man so gegen ihn verfahren, nachdem man vorher das Schiff als Kriegsschiff zugelassen? worauf dann wieder von London die Weisung kam, die Beschlagnahme aufzuheben. (Geffcken, Die Alabamafrage, S. 38.)

[ocr errors]

Wird dagegen ein genommeues Schiff bona fide in ein Kriegsschiff umgewandelt, so wird es als solches in neutralen Häfen zugelassen. Ebenso untersagen die angeführten Verbote neutraler Staaten mehrfach nur das Einlaufen von Kriegsschiffen mit Prisen, nicht das von lezteren allein.

Handbuch des Völkerrechts IV.

43

1) Schon die Französische Marine-Ordonnanz von 1681 verbietet den Aufenthalt der von Kriegsschiffen oder Kapern fremder Kriegführender aufgebrachten Schiffe über 24 Stunden, ausgenommen für den Fall der Seenoth. 1854 wurde von einer Reihe von Staaten das Einlaufen mit Prisen überhaupt verboten, 3. B. von Schweden-Norwegen am 8. April, Nr 4: „To exclude from the ports except in cases of proved distress, the entrance, the condemnation and the sale of every prize." Ebenso von Dänemark am 20. April 1854. Im Nordamerikanischen Kriege verfügte eine Französische Verordnung vom 9. Juni 1861, Nr. 2: „Aucune vente d'objets provenant de prises ne pourra avoir lieu dans nos dits ports ou rades." Holländische Verordnung vom 17. März 1866, Art. 1. Jm Deutsch-Französischen Kriege erklärte das Circularschreiben des Englischen Auswärtigen Amtes vom 19. Juli 1870, Nr. 4: „Armed ships of either party are interdicted from carrying prizes made by them into the ports, harbours or waters of the United Kingdom or any of H. M's. colonies or possessions abroad.“ Ebenso Niederländische Verordnung vom 20. Juli, Art. 1, Italienische vom 26. Juli, Art. 1, Spanische vom 26. Juli, Art. 4, Portugiesische vom 20. Juli, Art. 2. Japan verfügte: „Die im Kampf gemachte Beute darf in unseren Häfen nicht verhandelt werden“ (Perels S.391). Ausnahme ist immer Seenoth. In diesen Fällen aber muß das Kriegsschiff mit seiner Beute den neutralen Hafen verlassen, sobald das Unwetter vorüber ist.

§ 148.

Landung von Gefangenen.

Ein Kriegsschiff darf auch nicht in einem neutralen Hafen Ge fangene landen. Der Fall steht nicht gleich mit dem Hinüberdrängen geschlagener Soldaten zu Lande. Hier betreten die Flüchtigen selbst aus freien Stücken das neutrale Gebiet, um sich der drohenden Gefangen. schaft zu entziehen, und der Neutrale nimmt sie aus Rücksichten der Menschlichkeit auf. Auf dem Kriegsschiff aber sind sie bereits Gefangene, sie werden selbstverständlich frei, sobald sie das neutrale Gebiet betreten, sie sind Gefangene nur so lange, als sie sich auf dem Kriegsschiff befinden, das einen Theil seines Nationalstaates bildet. Aber die neutrale Regierung kann gleichwohl die Landung verbieten, schon weil vorans sichtlich das Kriegsschiff seine Gefangenen nur ausseßt, um ihres Unterhaltes überhoben zu sein, der dann dem Neutralen zur Last fiele. It die Landung gleichwohl erfolgt, so kann der Neutrale die freie Abreise der Leute nicht hindern. Ob sie sich dem Captor verpflichtet haben, in dem Kriege nicht wieder zu dienen, oder nicht, geht den Neutralen nichts an.

$149.

Maritime Operationen.

Es ist aber nicht genug, daß kein feindlicher Act in dem neutralen Gewässer vorgenommen wird; ein solcher darf dort auch nicht vorbereitet

[ocr errors]

werden, weil es nicht als Ausgangspunct von Feindseligkeiten dienen soll. Es darf also nicht ein Kriegsschiff sich innerhalb der neutralen Linie legen und von dort aus Boote zum Angriff auf Schiffe des Gegners aussenden, nicht sich im neutralen Gewässer auf die Lauer gegen feindliche Kriegs- oder Handelsschiffe legen, nicht daselbst kreuzen, um solche Schiffe abzufangen oder neutrale Schiffe auf Contrebande zu durchsuchen. Prisen, die unter solchen Umständen gemacht worden, sind ungültig, selbst wenn sie außerhalb des neutralen Wassergebietes stattgefunden haben. No use of a neutral territory for purposes of war is to be permitted. No proximate acts of war, that is, are in any manner to be allowed to originate on neutral grounds," sagte Lord Stowell 1800 im Fall der „Twee Gebroeders“. Demgemäß erklärte die zweite der zwischen England und den Vereinigten Staaten im Vertrage von Washington im Mai 1871 vereinbarten Regeln eine neutrale Regierung verpflichtet, „nicht zu erlauben oder zu dulden, daß einer der beiden Kriegführenden sich ihrer Häfen oder Gewässer als Basis maritimer Operationen gegen den andern bediene," und die Englische Neutralitätserklärung vom 19. Juli 1870 besagte: „All ships of war of either belligerent are prohibited from making use of any port or roadstead or any waters subject to the territorial jurisdiction of the British Crown, as a station or place of resort for any warlike purposes." Demgemäß erlaubt die neutrale Regierung, wenn in ihren Häfen oder Gewässern Kriegsschiffe zweier Gegner oder ein Kriegsschiff des einen mit einem Kauffahrer des anderen zusammentreffen, falls das eine Schiff fortgeht, dem Kriegsschiff des anderen Theiles erst 24 Stunden nachher demselben zu folgen. So verfügt die Englische Instruction vom 31. Januar 1862: „In all cases, in which there shall be any vessels (whether ships of war, privateers or merchant ships) of both the said belligerent parties in the same port, roadstead or waters within the territorial jurisdiction of H. M., there shall be an interval of not less than 24 hours between the departure of any such vessel (whether a ship of war, a privateer, or a merchant ship) of the one belligerent, and the subsequent departure therefrom of any ship of war or privateer of the other belligerent, and the time, hereby limited, for the departure of such ships of war and privateers respectively, shall always, in case of necessity, be extended, so far as may be requisite for giving effect to this proviso, but not further or otherwise." Ebenso die Instruction Lord Granville's an die Admiralität vom 19. Juli 1870, die Hollands vom 20. Juli 1870, Art. 5, Italiens vom 26. Juli 1870, Art. 11, Spaniens Art. 6, Portugals III, § 4, und Nordamerikas vom 8. October. Eine gleiche Verfügung hatte die Japanische Regierung in ihrer Neutralitätserklärung hinsichtlich der Kriegsschiffe erlassen. Als nun die Französische Corvette Linois" sich vor den Eingang der Bucht von Yeddo legte, um sich eines Deutschen, unmittelbar vorher ausgegangenen Kauffahrers zu bemächtigen, protestirte der Deutsche Gesandte durch Note vom 11. October

1870 hiergegen, als Verlegung des Völkerrechtes sowohl, als der Japanischen Neutralität, da die Regierung durch ihre Proclamation den in ihren Häfen ankernden Kriegsschiffen beider Theile die Pflicht auferlegt, ihre ausnahmsweise Stellung nicht zur Bekämpfung der feindlichen Macht auszunuzen. Die Japanische Regierung erklärte in ihrer Antwort vom 12. October, daß sie die Bestimmungen ihrer Proclamation durch folgende Zusätze ergänzt habe: Innerhalb 24 Stunden nach Abgang eines Kauffahrteischiffes der einen Macht darf kein Kriegsschiff der anderen Macht auslaufen. Japanische Häfen oder Japanische Meere dürfen nicht zum Stüßpunct des Kampfes gemacht werden. Das Kreuzen innerhalb der Grenzen dieser Gewässer, um das Ein- und Auslaufen von Schiffen der anderen Macht zu verhindern, sowie die Benutzung der Japanischen Meere zu einem Verbergungsort zu Kriegszwecken ist nicht gestattet." Ebenso ist es nicht gestattet, daß die Besaßung oder Officiere eines Kriegsschiffes auf neutralem Gebiet an das Land gehen, um sich über etwaige Bewegungen eines feindlichen Schiffes zu unterrichten. J. M. Regierung kann nicht erlauben, daß bewaffnete Mannschaften, die im Dienste einer fremden Regierung stehen, auf Britischem Grund und Boden landen." (Lord Russell an Mr. Adams, Januar 1862.)

$ 150.

Ausrüstung und Bemannung von Kriegsschiffen.

Endlich aber darf das neutrale Gebiet, das in feiner Weise als Basis der Feindseligkeiten dienen soll, auch nicht benugt werden, um dort Kriegsschiffe auszurüsten, zu bemannen oder ihre Ausrüstung irgendwie zu vervollständigen.

Wie bereits erwähnt, erkannte die Regierung der Vereinigten Staaten, daß die früher Frankreich als Verbündeten gewährte Ermächtigung. Kreuzer in ihren Häfen auszurüsten, in dem Revolutionskriege zwischen Frankreich und England mit der Neutralität unvereinbar war. Eine Congreßacte von 1794, die 1818 revidirt wurde, erklärte es für strafbar, „within the jurisdiction of the United States to augment the force of any armed vessel, belonging to one foreign power at war with another power, with whom they are at peace; or to prepare any military expedition against the territories of any foreign nation with whom they are at peace; or to be concerned in fitting out any vessel. to cruise or commit hostilities in foreign service, against a nation at peace with them." Demgemäß erkannte das Amerikanische Gericht auch 1794, daß „converting a ship from her original destination with intent to commit hostilities; or in other words, converting a merchant ship into a vessel of war, must be deemed an original outfit, for the Act would otherwise become nugatory and inoperative. It is the conversion

from the peaceable use to the warlike purpose, that constitutes the offence." Aehnlich verbot die Englische Foreign Enlistment Act von 1819, in irgend einem Theile des Britischen Reiches Schiffe auszurüsten oder zu bewaffnen (equipping, furnishing, fitting out or arming), in der Absicht, sie im Dienst einer fremden Regierung oder von Personen, die beanspruchen, einen Theil eines fremden Landes zu regieren, zu verwenden, es sei denn mit ausdrücklicher Erlaubniß des Souveräns, sowie die Ausrüstung von fremden Kriegsschiffen irgendwie in Britischen Häfen zu vervollständigen. — Für eine Verlegung der Neutralität müssen also zwei Momente zusammenkommen. Das Schiff muß ganz oder theilweise im neutralen Hafen ausgerüstet sein oder seine Streitkraft dort vermehrt haben, und diese Ausrüstung muß in der Absicht stattgehabt haben, um gegen einen Staat, mit dem der Neutrale in Frieden ist, Feindseligkeiten zu üben.

Diese Bedingungen der Verlegung der Neutralität sind umfassend in dem Erkenntniß des Obersten Amerikanischen Gerichtshofes vom November 1866 (The Meteor) dargelegt: „As to the preparing of vessels within our jurisdiction for subsequent hostile operations, the test we have applied has not been the extent and character of the preparations, but the intent with which the particular acts are done. If any person does any act or attempts to do any act towards such preparation, with the intent, that the vessel shall be employed in hostile operations, he is guilty without reference to the completion of the preparations, or the extent to which they may have gone, and although this attempt may have resulted in no definite progress towards the completion of the preparations. The procuring of materials to be used knowingly and with the intent etc. is an offence. Accordingly, it is not necessary to show that the vessel was armed, or was in any way, or at any time before or after the act charged, in a condition to commit acts of hostility. Our rules do not interfere with bona fide commercial dealings in contraband of war. An American merchant may build and fully arm a vessel, and provide her with stores and offer her for sale in our own market. If he does any acts as an agent or servant of a belligerent or in pursuance of an arrangement or understanding with a belligerent, that she shall be employed in hostilities when sold, he is guilty. He may without violating our law, send out such a vessel, so equipped, under the flag and papers of his own country, with no more force of crew than is suitable for navigation, with no right to resist search or seizure and to take the chances of contraband merchandize, of blockade and of a market in a belligerent port. In such a case the extent of character of the equipments is as immaterial as in the other class of cases. The intent is all."

Es ist demgemäß an sich nicht verboten, ein fertiges Schiff zu verkaufen, das zu Kriegszwecken verwendet werden soll. Ein solches, sofern es nicht auch auf neutralem Gebiete ausgerüstet wird, um von dem

« PreviousContinue »