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selben auslaufend sich am Kriege zu betheiligen, fällt unter den Begriff der Contrebande, welche zu verhindern dem Kriegführenden zufällt. Danach ward in dem Falle der Santissima Trinidad“ entschieden. Die Independencia", ein Amerikanisches Schiff, das im Kriege mit England als Kreuzer in Baltimore gebaut war und nach dem Frieden als Handelsschiff gebraucht wurde, ging 1816 mit einer Ladung Kriegsmunition nach Buenos Ayres, wobei der Supercargo Vollmacht hatte, das Schiff der provisorischen Regierung der Vereinigten Provinzen des Rio de la Plata zu verkaufen. Dies geschah, das Schiff nahm deren Flagge an und machte mehrere Prisen, namentlich nahm es einem Spanischen Schiffe, der „Santissima Trinidad“ einen Theil seiner Ladung weg, weshalb der Spanische Consul auf Entschädigung klagte. Der Vorsizende des Obersten Gerichtshofes Chief Justice Story wies 1822 diese Klage ab: There is nothing in our laws, or in the law of nations, that forbids our citizens from sending armed vessels, as well as munitions of war, to foreign ports for sale. It is a commercial adventure which no nation is bound to prohibit; and which only exposes the persons engaged in it to the penalty of confiscation." (Wheaton ed. Boyd § 439z.) Ebenso erklärte 1841 im Kriege von Texas mit Mexico der Nordamerika. nische Attorney-General: „If you sell a ship of war to one of the belligerents, the other has no right to complain, so long as you offer him the same facility." Und im Amerikanischen Bürgerkriege bemerkte der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes Chief Justice Chase im Falle der „Bermuda“: „Neutrals in their own country may sell to belligerents whatever belligerents choose to buy. The principal exceptions to this rule are, that neutrals must not sell to one belligerent, what they refuse to sell to the other, and must not furnish soldiers or sailors to either; nor prepare nor suffer to be prepared within their territory, armed ships or military or naval expeditions against either." (Wheaton ed. Boyd § 508 b.)

Auch in dem Streit mit England über die Ausrüstung von Südstaatlichen Kapern haben die Vereinigten Staaten dies festgehalten. In der Note vom 6. April 1863 an Lord Russell anerkennt der Gesandte Mr. Adams, daß nach Amerikanischer Auffassung „the sale and transfer by a neutral of arms, of munitions of war and even of vessels of war to a belligerent country, as a purely commercial transaction, is decided by these authorities not to be unlawful" (Staatsarchiv IV., Nr. 666). Dasselbe betonte auch die Eingabe Amerikas an das Genfer Schiedsgericht, um dem Mißverständniß zu begegnen, als ob das Recht der Neutralen durch die drei Regeln des Art. 6 des Vertrages von Washington in dieser Beziehung geschwächt sei. (Case of the United States, Washington, p. 71.)

Endlich erließ der Amerikanische Congreß noch 1872 ein Gesez, dahin gehend, daß, obwohl Amerikanische Bürger sich nicht wissentlich an der Lieferung, Ausrüstung und Bewaffnung eines Schiffes betheiligen sollen, welches gebraucht werden soll, gegen ein Land zu kreuzen, das

im Frieden mit den Vereinigten Staaten ist, doch dieses Verbot nicht jo ausgelegt werden soll, daß dadurch den Bürgern der Vereinigten Staaten untersagt sein solle, solche Schiffe oder Dampfer, die innerhalb der Grenzen derselben gebaut sind, an Einwohner anderer Länder oder Regierungen, die mit den Vereinigten Staaten nicht im Kriege sind, zu verkaufen. Das Verbot geht also nur dagegen, daß auf neutralem Gebiete Schiffe ausdrücklich für einen Kriegführenden gebaut (built to order) oder ausgerüstet werden, mit der Absicht, gegen den anderen. Theil zu kreuzen. Durch solchen Bau und Ausrüstung wird das neutrale Gebiet als Basis feindlicher Operationen gebraucht, und es ist nur eine Umgehung des Verbotes, wenn ein solches Schiff ohne Kanonen und Mannschaft absegelt und sich diese nachbringen läßt, während die Independencia" erst nach dem Hafen des Kriegführenden ging, der sie kaufte und dort ausgerüstet ward. So sagt Mr. Adams in der angeführten Note vom 6. April 1863, nachdem er den Verkauf von Kriegsschiffen als erlaubt zugegeben: „But the case is changed, when a belligerent is shown to be taking measures to establish a system of operations in a neutral country with the intent to carry on a war from its ports, much in the same way that it would do, if it could, from its own territory; when it appoints agents, residing in that country, for the purpose of borrowing money to be applied to the fitting out of hostile armaments in those very ports; and when it appoints and sends out agents to superintend, in those ports the constructing, equipping, and arming ships of war as well as the enlisting of the subjects of the neutral country, to issue forth for the purpose of carrying on hostilities on the ocean."

Das erwähnte Erkenntniß vom November 1866 giebt zu, daß die Grenzlinie zwischen erlaubter und unerlaubter Ausrüstung oft schwer zu ziehen sei: „Yet the principle is clear enough. Is the intent one to prepare an article of contraband merchandize, to be sent to the market of a belligerent, subject to the chances of capture or the market? Or on the other hand, is it to fit out a vessel, which shall leave our port to cruise, immediately or ultimately, against the commerce of a friendly nation? The latter we are bound to prevent; the former the belligerent must prevent." (Phillimore III., p. 276.)

In dieser Beziehung hat sich die Englische Regierung im Amerikani schen Bürgerkriege erhebliche Verlegungen ihrer Neutralität zu Schulden kommen lassen, welche zu dem sogenannten Alabamastreit geführt haben. Von vornherein war es klar, daß es den Südstaaten darauf ankommen mußte, sich Kriegsschiffe zu schaffen, um die Blokade ihrer Häfen zu brechen und der Handelsmarine des Nordens zu schaden. Sie selbst bejaßen nur wenige zum Seekrieg taugliche Schiffe und konnten in ihren eigenen Häfen keine neuen bauen; sie waren also auf das Ausland und vor Allem auf England angewiesen, und dieses mußte die nöthigen Vorkehrungen gegen Mißbrauch seiner Neutralität treffen. Am 18. Februar

1862 meldete der Amerikanische Gesandte Lord Russell, daß nach Mit theilung seines Consuls in Liverpool dort ein Schiff liege, das offenbar für kriegerische Zwecke der Conföderirten bestimmt sei. Die von der Regierung zur Untersuchung aufgeforderte dortige Zollbehörde berichtete, das Schiff „Oreto" habe Deffnungen für vier Kanonen, habe aber bis jezt nur Ballast und Kohlen eingenommen; es sei nach Palermo und wahrscheinlich für die Italienische Regierung bestimmt. Der „Oreto“ wurde allerdings nach Palermo am 22. März ausclarirt, segelte aber nach Nassau in den Bahamas, erhielt Munition durch Kauffahrer nach gesandt und begann auch dort Waffen- und Kriegsvorräthe zu laden. Die Befehlshaber der dortigen Englischen Kriegsschiffe erklärten dem Gouverneur, der „Oreto“ sei „in every respect fitted as man of war“ und in keiner Beziehung verschieden von ähnlichen Schiffen der Königl. Marine. Nach längerem Zögern beschlagnahmte ihn die Behörde; das dortige Gericht aber erkannte auf Freigebung, weil kein genügender Be weis dafür beigebracht, daß das Schiff seit seiner Ankunft gesucht habe, sich für kriegerische Zwecke auszurüsten, und die Gründe, welche dafür angeführt seien, daß das Schiff im Dienste der Conföderirten gegen die Vereinigten Staaten kreuzen solle, nur schwach (slight) seien. Das Schiff segelte demgemäß ab, nahm unfern des Hafens seine ihm nachgesandte Ausrüstung ein und begann als Florida" seine Kriegszüge.

Der kriegerische Zweck des Dreto" mußte schon in Liverpool klar sein. Die Conföderirten Agenten suchten deshalb die Behörden dadurch zu täuschen, daß sie angaben, das Schiff sei für die Italienische Regierung bestimmt. Diese stellte das auf Anfrage sofort in Abrede; gleichwohl ließ man es absegeln. Weit schlimmer aber noch war das Verhalten der Colonialbehörde gegenüber der Thatsache, daß die Bestimmung des Schiffes in Liverpool falsch aufgegeben war, weshalb die dort angemusterte Mannschaft nicht länger bleiben wollte, daß das Schiff in Nassau Kriegsvorräthe eingenommen, daß die Englischen Capitäne es als vollständiges Kriegsschiff bezeichneten und England das Einlaufen solcher in den Häfen der Bahamas verboten hatte.

Noch klarer lag der Fall der „Alabama“, von der die Erbauer selbst nicht leugneten, daß sie zu kriegerischen Zwecken bestimmt sei. Der Amerikanische Consul in Liverpool wies der Zollbehörde durch eine Reihe eidlicher Zeugenaussagen nach, daß das Schiff im Dienste der Conföderirten kreuzen solle. Die Kronjuristen erklärten, daß nach den vorliegenden Thatsachen eine offenbare Verlegung der Foreign Enlistment Act stattfinde und das Schiff am Auslaufen gehindert werden müsse. Gleichwohl erklärte die Zollbehörde, es sei kein ausreichender Grund vorhanden, das Schiff mit Beschlag zu belegen. Als dann die Kronjuristen auf weitere vorgelegte Thatsachen dringend empfahlen, das Schiff sofort fest. zuhalten, war die „Alabama“ soeben ausgelaufen, nahm ihre nachgesandte Mannschaft und Ausrüstung auf ihrer Fahrt auf und begann ihren Vernichtungskrieg gegen die Amerikanische Handelsmarine.

Lord Russell, der selbst den Conföderirten Agenten erklärte, ihr Verfahren sei „totally unjustifiable and manifestly offensive to the British. Crown", und dem Amerikanischen Gesandten zugab, daß die Fälle des „Oreto“ und der „Alabama“ „a scandal to British laws“ (27. März 1863) seien, berief sich darauf, daß die Geseze unzureichend seien, um jolche Vorkommnisse zu hindern. Dies war nun schon an sich keine Entschuldigung, denn jeder Staat ist verbunden, für solche Geseze Sorge zu tragen, welche ihm die Erfüllung seiner internationalen Verbindlichkeiten ermöglichen. Auch in Frankreich versuchten die Conföderirten Kreuzer auszurüsten und hatten in Nantes und Bordeaux für vier große Schiffe contrahirt, die unter der Firma von Postschiffen für China gebaut wurden, wozu die Regierung die Erlaubniß gab. Sobald aber der Amerikanische Gesandte dem Auswärtigen Minister hinreichende Beweise für ihre Bestimmung vorlegte, wurde den Rhedern sofort verboten, weiterzubauen. Warum war in England unmöglich, was in Frankreich möglich war?1) Russell selbst schrieb im März 1862 an den Amerikanischen Gesandten: „The duty of nations in amity with each other is, not to suffer their good faith to be violated by evil-disposed persons within their borders, merely from the inefficiency of their prohibitory policy."

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Waren die Geseze unzureichend, so mußten sie schleunigst abgeändert werden, wie Amerika verlangte und was Russell auch in Aussicht stellte, was aber nicht geschah, weil der Lordkanzler das Gesez für ausreichend hielt. In der That hätte es troß seiner Unvollkommenheit ausgereicht, solche Vorgänge zu hindern. Es ist schon sprachlich unrichtig, zu behaupten, wie der Richter in dem späteren Fall der „Alexandra“ that, daß equip, furnish, fit out or arm all mean precisely the same thing", und es erlaubt sei, ein Schiff zu bauen und dem Käufer zu beliebigem Gebrauch zu überlassen, wenn es nur nicht gleichzeitig in einem Britischen Hafen ausgerüstet und bewaffnet werde. Wo hört der Bau auf und wo beginnt die Ausrüstung, die doch jedenfalls im weitesten Sinne unter das „fit out" fällt? Außerdem sagte die Neutralitätsproclamation von 1861 ausdrücklich in der Absicht oder im Auftrag, daß solches Schiff im Dienste eines fremden Staates gebraucht werden soll." In ihrem Gutachten über die Alabama“ vom 29. Juli erklärten die Kronjuristen: „An argument may be raised as to the proper construction of the words which occur in the 7th section of the Foreign Enlistment Act: equip, furnish, fit out or arm, which words it may be suggested, point only to rendering a vessel, whatever may be the character of its structure, presently fit to engage in hostilities. We think however, that such a narrow construction should not be adopted, and if allowed would fritter away the act and give impunity to open and flagrant violations of its provisions. We therefore recommend, that without loss of time the vessel be seized by the proper authorities." (Papers relating to the proceedings of the tribunal of Arbitration at Geneva II., p. 188.)

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1) Das Französische Gesez, Art. 84 und 85 des Code pénal, läßt bei erfolgter Verlegung der Entscheidung der Gerichte weiten Spielraum; erfordert wird: 1. que l'action soit hostile, 2. que l'action n'ait pas été approuvée par le gouvernement, 3. que la France par l'action ait été exposée à une déclaration de guerre ou des Français exposées à des représailles. (Phillimore III., p. 279.) 2) Vgl. Geffcken, Die Alabamafrage, 1872.

§ 151.

Lieferungen an die Kriegführenden.

Da der Neutrale sich jeder Hülfeleistung an beide Kriegführende enthalten muß, versteht es sich von selbst, daß die Regierung denselben weder unmittelbar noch mittelbar Waffen, Munition, Lebensmittel, Geld oder irgend etwas, was ihre Streitkraft vermehrt, liefern oder überlassen darf. 1825 verkaufte die Schwedische Regierung drei Fregatten an ein Englisches Haus, welches für das damals in Aufstand gegen Spanien befindliche Mexico unterhandelte. Auf die Beschwerde Spaniens machte die Regierung, der die Bestimmung dieser Schiffe unbekannt gewesen war, den Kauf mit einem erheblichen Opfer rückgängig. Anders haben die Vereinigten Staaten 1870 gehandelt, indem sie Frankreich Waffen verkauften, was ein Amerikanischer Jurist Lieber, neben dem Alabama. fall, als „la plus grande infraction au droit des gens que l'histoire connaisse" bezeichnet hat. (Revue de droit intern., 1872, IV., p. 462.) Der Congreß hatte durch Acte von 1868 den Verkauf der nach Be endigung des Bürgerkrieges überschüssigen Waffen verfügt. Am 24. Detober 1870 meldete der Britische Gesandte in Washington seiner Re gierung, daß der Französische Dampfer, St. Laurent" am 20. October mit einer Ladung Waffen und Munition von New York nach Havre abgegangen sei, von denen ein großer Theil in den Arsenalen der Vereinigten Staaten gekauft sei: „Of this there can be no doubt; indeed it is notorious. A great number of the arms have been brought in barges directly from the arsenals at Governor's Island and the Navy Yard at Brooklyn and transferred to the French steamers. The payment for arms for the French government are made through their Consul at New-York. Nachdem er hinzugefügt, daß weitere Verkäufe bevorstehen, bemerkt der Gesandte: „The Government consider themselves not bound to ascertain, whether these arms are purchased for the use of either of the belligerents, Prussia or France. It cannot be doubted however. that the circumstances of the war between these two powers has instigated the choice of this particular moment for offering arms for sale, the Government being desirous of getting rid, to the best advantage, of the useless arms remaining from the late war, and of continuing in activity their armory at Springfield in Massachusetts at as

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