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wenn es bei einem Angriff des Kriegsgegners auf das Schiff zu Grund geht.

Diese völkerrechtlichen Beschränkungen der Freiheit des neutralen Verkehrs werden jezt näher zu betrachten sein.

§ 158.

B. Contrebande. a) Geschichtliche Entwickelung.

Literatur: Heffter, éd. franç. par Geffcken, § 158-61.

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Part. X., ch. 1. Gessner, Le droit des neutres sur mer, 2 éd., p. 82-163. Hautefeuille, Droits et devoirs des neutres, 3 éd., II., titre VII. Calvo IV., livre IV. Hall, Part. IV., ch. 5. Marquardsen, Der Trentfall, S. 31-50. Perels, Das Seerecht, II. Theil, Abschn. 3.

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Von jeher haben Staaten ihren Unterthanen die Zufuhr gewisser Artikel nach Ländern verboten, von denen sie sich eines feindlichen Gebrauchs derselben gegen sie selbst versahen. Römische Geseze bedrohten mit Todesstrafe die, welche den Barbaren Waffen oder Kriegsmunition verkauften oder zuführten.1) Die Päpste verboten die Zufuhr von Waffen, Eisen und Bauholz an die Saracenen und Kezer, bei Strafe des Bannes und der Sklaverei.) Die Verbote des Alterthums wandten sich an die Unter thanen, die der Kirche an die Gläubigen; aber der völkerrechtliche Begriff der Contrebande tritt erst mit der Ausbildung der Neutralität hervor. Die Nationen, welche an einem Kriege unbetheiligt sind, sollen sich enthalten, den Kriegsgegnern durch Zufuhren von Waaren zu helfen, welche ihnen erleichtern, Feindseligkeiten zu üben.) Dies wird entweder durch Ver. trag oder einseitiges Verbot bewirkt. Ersteres war die Folge der allgemeinen Zusage, den Feinden des anderen Theiles nicht helfen zu wollen, wie denn z. B. schon der Vertrag zwischen England und Frankreich von 1303, daß keiner ne souffrira qu'ils (les ennemis) aient confort, secours ne aide, soit de gent d'armes ou de vitailles ou d'autres choses queles qu'eles soient, de ses terres ne de son poiar". Fehlte ein solcher Vertrag, so berief man sich auf das Kriegsrecht, wie de Thou sagte: „Jure belli tales spoliari naves quippe rem edictis et constitutionibus regiis prohibitam esse. Eine Verordnung Franz I. von 1543 besagt: ,,Mais pourront nozdicts alliez et confederez faire leur traficque par mer dedans navires qui soient de leur obeissance et sujection, et par leurs gens et subjects, sans y accueillir nos ennemis et adversaires; lesquels biens et marchandises ainsi chargées ils pourront mener et conduire où bon leur semblera, pourveu que ce ne soyient munitions de guerre dont ils vousissent fortifier nozdicts ennemis; auquel cas, nous

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avons permis et permettons à nosdicts subjects les prendre et les amener à nos ports et havres et lesdites munitions retenir, selon l'estimation raisonnable qui en sera faite par notre amiral ou son lieutenant" (Lebeau, Code des Prises I., p. 97). Aehnliche Verordnungen erließen nun regelmäßig die Regierungen bei Ausbruch eines Krieges und theilten sie den Neutralen zur Nachachtung mit. Elisabeth antwortete dem Polnischen Gesandten, der sich darüber beschwerte, daß sie seinen Angehörigen wehre, ihre Waaren nach Spanien einzuführen: „Quod tu jus gentium praetendis, scire debes, exorto inter reges bello, licere uni parti auxilia vel subsidia ad alteram partem missa intercipere et providere ne damni quicquam inde sibi accidat" und verweist ihn darauf, daß die Könige von Polen und Schweden dasselbe in ihren Kriegen mit den Moskovitern gethan. Dieselbe Fürstin nahm den Hansen 1589 sechzig Schiffe mit Korn und Schiffsmaterial weg, welche nach Spanien bestimmt waren, da sie nicht nur solche Zufuhren verboten, sondern auch in den den Hansischen Kaufleuten gegebenen Freibriefen ausdrücklich ge sagt sei, daß dieselben den offenen Feinden des Königreiches keine Zufuhr leisten sollten; derartige Zufuhren sezten den König von Spanien besser in Stand, seinen Krieg gegen England fortzuführen. Umgekehrt anerkannte Albericus Gentilis die Rechtmäßigkeit der Wegnahme eines Englischen Schiffes, das neben seiner allgemeinen Ladung einige Faß Pulver an Bord hatte, als dem Völkerrecht entsprechend. Eine Reihe von Verträgen sezte dies besonders fest und zählte die verbotenen Artikel auf; aber das Recht der Wegnahme bestand hiervon unabhängig. Der Name Contrebande, der im 15. Jahrhundert in Italienischen Documenten in dem Sinne von ungefeßlichem Besiz einer Waare vor kommt (Ducange v. Contrabanda) erscheint dabei noch nicht, selbst Grotius braucht ihn noch nicht, obwohl in demselben Jahre, wo sein Werk veröffentlicht ward, der Vertrag von Southampton zwischen Eng. land und den Vereinigten Provinzen der Niederlande von 1625 mit ,, marchandises de contrebande" etwas allgemein Bekanntes bezeichnete.

1) Hauptstelle ist die Constitution des Kaisers Marcianus 1. 2, Cod. IV, 41: Quae res exportari non debeant. Nemo alienigenis barbaris loricas, scuta, arma, sagittas, spattas, gladios vel alterius cuiuscumque generis arma audeat venumdare, nulla prorsus tela, nihil ferri vel facti iam vel adhuc infecti. Perniciosum enim Romano imperio et proditioni proximum est barbaros, quos indigere convenit telis eos, ut validiores reddantur, instruere.

2) Concil. Lateran. III. von 1179 unter Alexander III., Can. 24, und Lat. IV. von 1215 (Jnnocenz III); cap. 6, X. de Judaeis et Sarac. V. Ebenso Kap. 44 der Assises de Jérusalem. Dies Verbot wurde später auch auf die Zufuhr an die vom H. Stuhle als Kezer Erklärten ausgedehnt. so noch in der Bulle „De coena Domini" 1627. Uebrigens beschränkte schon Bonifaz VIII. 1302 das Verbot der Zufuhr an die Ungläubigen auf Waffen, Holz und Korn. Umgekehrt erklärten später Protestanten das canonische Verbot für unverbindlich. Etiam

licita ad Turcos fieri per placita reginae Elisabethae", sagt Albericus Gentilis. (Advocat. Hispanicae c. 20.)

3) Gentilis in seinem Werke De jure belli faßt dies Verhältniß so: „Lucrum hi commerciorum sibi perire nolunt. Illi nolunt quid fieri quod contra salutem suam est. Jus commerciorum aequum est, ac hoc aequius tuendae salutis, est illud jus gentium, hoc naturae est; est illud privatorum, hoc regnorum."

§ 159.

Fortseßung.

Zweifel bestand nur über die Natur der Waaren, welche zur Contrebande außer den unmittelbaren Kriegsartikeln gezählt werden sollten. Grotius macht in dieser Beziehung folgende Unterscheidung (1. III., c. 1, § 5): „Sunt res quae in bello tantum usum habent, ut arma: sunt quae in bello nullum habent usum, ut quae voluptati inserviunt: sunt quae in bello et extra bellum usum habent, ut pecuniae, commeatus, naves et quae navibus adsunt. In primo genere verum est dictum Amalasuinthae ad Justinianum, in hostium esse partibus qui ad bellum necessaria hosti administrat. Secundum genus quaerelam non habet. In tertio illo genere usus ancipitis distinguendus erit belli status. Nam si tueri me non possum nisi quae mittuntur intercipiam, necessitas jus dabit sed sub onere restitutionis nisi causa alia accedat." Durch letzteren Zusah wollte er der Gefahr entgegentreten, die unstreitig in der schwankenden Natur der Gegenstände von zweiseitigem Gebrauch liegt.

Diese zweifelhaften Artikel (res ancipitis usus) festzustellen, war der Hauptzweck der zahlreichen Verträge, welche von Anfang des 17. Jahrhunderts bis auf unsere Zeit über die Contrebande geschlossen sind. Wo die vertragsmäßige Grundlage fehlte, hielten sich die Kriegführenden berechtigt, selbst die Linie zu ziehen, und hieraus entstand viel Streit, da sie je nach der behaupteten necessitas und der Macht, das Verbot durchzusehen, schwankten; so sagte Clarendon 1661 dem Lübeckischen Gesandten, es wären nicht allezeit gleiche Waaren Contrebande, sondern pro ratione belli sei der Begriff bald enger, bald weiter. Die Jurisprudenz und die Staaten, bei denen die Interessen freier Frachtfahrt überwogen, suchten den Begriff einzuschränken, die kriegerischen Seemächte denselben auszudehnen. England behandelte, wie die angeführten Beispiele Elisabeths zeigen, außer Kriegsartikeln namentlich Lebensmittel als Contrebande, und der Vertrag von Southampton 1625 erklärte dieselben als solche, andere Verträge schlossen sie aus. Für die Beschränkung stritten namentlich Holland und die Hansestädte im Interesse ihrer Frachtfahrt. Ersteres versprach zwar England im Art. 7 des Friedens von Westminster von 1654, seinen Feinden nicht Geld, Vorräthe oder Lebensmittel zu Lande oder zu Wasser zu liefern, aber unter

schied diese ausdrücklich von Waffen und anderen verbotenen Artikeln, welche allein der Wegnahme unterliegen sollten. Der Vertrag Frankreichs mit den Hansestädten von 1655 verbot nur alle Waffen und Segeltuch, gab aber Lebensmittel frei, außer bei Zufuhr bei belagerten Pläzen (Dumont VI., p. II., p. 103). Jm Pyrenäen-Vertrage von 1659 heißt es Art. 12-13: „En ce genre de marchandises de contrebande s'entend seulement être comprises toutes sortes d'armes à feu et autres assortiments d'icelles," die einzeln aufgezählt werden als ,,servant à l'usage de la guerre. Ne sont compris en ce genre de marchandises de contrebande, les froments, blés et autres grains, légumes, huiles, vin, sel, ni généralement tout ce qui appartient à la nourriture et sustentation de la vie, mais demeureront libres, comme toutes les autres marchandises en l'article précédent et en sera le transport permis, même aux lieux ennemis de la couronne d'Espagne, sauf en Portugal, comme il a été dit, et aux villes et places assiégées. bloquées, ou investies" (Dumont, ibid. p. 266). Der Vertrag von St. Germain zwischen England und Frankreich von 1677 verbietet alle Waffen et assortimens façonnez et formez à l'usage de la guerre", schließt dagegen aus „les étoffes et manufactures de laine, lin, soye, coton et de quelque autre matière que ce soit, toutes sortes d'habits et vestemens, et les étoffes desquelles on les fait, or et argent monnoyé et non monnoyé", alle Metalle, alle Lebensmittel, cotons, chanvres, lins, poix, cordages, voiles, anchres, mats, planches, poutres et bois travaillé de toutes espèces d'arbres et qui peut servir à construire des vaisseaux ou à les radouber". Die Französische Marine-Ordonnanz von 1681 beschränkt die Contrebande auf Kriegsmunition. Sir Leoline Jenkins stellte 1674 in einem Gutachten den Grundsatz auf that goods, if they be not made unfree by being found in an unfree bottom. cannot be judged by any other law, but by the general law of nations. that nothing ought to be judged contraband by that law in this case but what is directly and immediately subservient to the use of war, except it be in the case of besieged places or of a general certification by Spain to all the world, that they will condemm all pitch and tar they meet with" (Wynne, Life of Jenkins II., p. 751). Bynkershoel (Quest. jur. publ. I., cap. 10, De his, quae ad amicorum nostrorum hostes non recte advehuntur) bestreitet die Unterscheidung von Grotius: ,,Quis arbiter erit eius necessitatis, nam facillimum est eam praetexere? an ipse ego, qui intercepi? Sic, puto, ei sedet, sed in causa mea sedere judicem omnes leges omniaque jura prohibent." Er will sich nur an die ratio und den usus halten; erstere, die Neutralität, gebiete „ne in causa belli alterum alteri praeferam, usus intelligitur ex perpetua quodammodo paciscendi edicendique consuetudine“, und nachdem er eine Reihe von Verträgen und Verordnungen aufgezählt, schließt er: ,,ex his fere intelligo, contrabanda dici quae uti sunt, bello apta esse possunt, nec quicquam interesse, an extra bellum usum praebeant“, wie

man ja Pulver und Waffen auch im Frieden brauche, aber de his, quae promiscui usus sunt, nullus disputandi esset finis; judicabis an ipsa materia rerum prohibitarum quoque sit prohibita? Ratio et exempla me movent in contrarium. Si omnem materiam prohibeas, ex qua quid bello aptari possit, ingens esset catalogus rerum prohibitarum, quia nulla fere materia est, ex qua non saltem aliquid bello aptum, facile fabricemus."

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Die Kriegführenden und namentlich England kehrten sich nicht an solche Argumente und fuhren fort, in eigener Sache zu entscheiden und hierfür ihre necessitas maßgebend sein zu lassen, wo nicht Verträge die Contrebande beschränkt, wie Art. 19 und 20 des Utrechter Friedens, welche die Fassung des Pyrenäen-Vertrages erneuerten und von der Contrebande alles ausschlossen quae instrumento vel apparatus pro terrestri vel maritimo bello formam non acceperunt“, was fast wörtlich im Frieden von Versailles 1786 erneuert ward. Abgesehen von solchen vertragsmäßigen Bestimmungen gelten je nachdem Lebensmittel, Metalle, Pferde, Bauholz, Segel, Tauwerk, Pech und Theer u. a. m. als Contrebande. Denn, sagte Sir W. Scott von jenen Materialien they may be applied to immediate use in the equipment of privateers", und behauptete, Lebensmittel seien Contrebande whenever the depriving the enemy of these supplies is one of the means to be employed in reducing him to terms". In dem Streitfalle von Friedrich dem Großen mit England von 1744 beklagte sich dieser, daß lezteres seinem Gesandten auf Anfrage erklärte, Schiffsbauholz gelte im gegenwärtigen Kriege nicht als Contrebande, gleichwohl aber hernach Preußische Schiffe weggenommen, welche diesen Artikel nach Frankreich brachten, und sehte im Frieden eine Entschädigung hierfür durch. Ja England stellte den Sah auf und hielt ihn lange fest, daß nicht nur der Gebrauch für den Krieg entscheide, sondern auch das eigene Bedürfniß der wegzunehmenden Waaren, für die jedoch, wenn es Lebensmittel waren, Entschädigung gegeben werden solle, also ein Zwangsvorkaufsrecht, als Compromiß, wie Sir W. Scott sagte, zwischen Kriegführenden und Neutralen, von denen die ersteren die Wegnahme, die lezteren die Freiheit des Handels fordern. Dem trat die bewaffnete Neutralität von 1780 entgegen. Art. III. erklärte, um allen Zweifel und jedes Mißverständniß darüber, was als Contrebande erachtet werden müsse, auszuschließen, daß nur diejenigen Waaren als solche anzuerkennen seien, welche in den Verträgen der Contrahenten mit der einen oder anderen Kriegsmacht begriffen seien. Dies waren nach den angeführten Verträgen, speciell dem Russisch-Englischen von 1766, nur Waffen, Munition und Ausrüstungsgegenstände für Soldaten.') In dem Vertrage mit England vom 28. October 1794, Art. 18, gaben die Vereinigten Staaten zu, daß auch Schiffsbauholz, Theer, Harz, Kupferplatten, Segel, Hanf, Tauwerk und allgemein what may serve directly to the equipment of vessels", mit Ausnahme des unverarbeiteten Eisens und der Fichtenbretter, Contrebande sein sollten. Weiter aber

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