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Verschiffungen unter neutraler Flagge der Pariser Declaration widersprechen würde, wonach die neutrale Flagge feindliche Güter mit Ausnahme der Contrebande decke, daß J. M. Regierung in jeder Beziehung an der Ansicht seiner Note vom 27. Februar festhalte, welche dagegen protestire, daß Reis allgemein als Contrebande behandelt werde und daß sie sich durch eine prisengerichtliche Entscheidung, die das Gegentheil behaupte, nicht als gebunden erachten werde.

Mit dieser Erklärung schließt die Correspondenz; man kann Lord Granville nur dankbar sein, daß er das gute Recht der Neutralen so entschieden gegen Französische Willkür vertheidigt hat und muß es um so mehr als sehr bedauerlich erklären, wenn die „Nordd. Allg. Ztg." in einem anscheinend inspirirten Artikel die Prätensionen Frankreichs zu rechtfertigen unternahm (18. März), indem sie die Besorgnisse der Handelskammern von Kiel und Flensburg über die Störungen, welche der Deutsche Handel mit China durch diese Maßregel erleiden würde, als übertrieben hinstellte, andererseits aber bemerkte, daß die Bestrebungen der neueren Zeit, die Uebel des Krieges zu mildern, dahin geführt hätten, den Ernst desselben zu verkennen; die Französische Verfügung sei völkerrechtlich nicht unstatthaft, denn das Abschneiden der Zufuhr von Lebensmitteln sei berechtigt, nicht blos belagerten Festungen gegenüber, und müsse nur allen Nationen gegenüber gleichmäßig geübt werden. Es wäre überflüssig, nach dem Obengesagten diese Behauptungen zu widerlegen; nur Folgendes möge bemerkt werden: Es soll nicht specielles Gewicht darauf gelegt werden, daß, wie erwähnt, Deutschland wie andere Mächte, in neuester Zeit zahlreiche Verträge geschlossen hat, durch welche die Contrebande auf eigentliche Kriegsartikel beschränkt wird, da solche Verträge nur für die Contrahenten bindend sind, obwohl die Allgemeinheit dieser Bestimmungen doch entschieden bezweckt, dem Belieben der Kriegführenden feste Schranken zu ziehen, wohl aber ist Nachdruck

auf eine spätere Antwort des Kanzlers zu legen, in der auf eine Eingabe von 33 Hamburger Firmen vom 21. April erwidert wird, daß zwar die betheiligten Mächte „in jedem einzelnen Falle nach Maßgabe der Oertlichkeit und ihrer Interessen diejenigen Waaren bezeichnen, welche sie während der Dauer der Feindseligkeiten als Contrebande zu behandeln beabsichtigen", daß er aber die in der Eingabe dargelegte Auffassung theile, wonach die früher übliche Behandlung des Salpeters als Contrebande unter den heutigen Verhältnissen eine zwecklose Beschränkung des Handelsverkehrs darstellen würde, da derselbe zu Kriegszwecken nicht unmittelbar zu benußen ist, sondern hierzu erst durch eine umständliche Verarbeitung verwendbar gemacht werden kann, zu deren Vornahme bei dem gegenwärtigen Stande der Kriegführung während der lezteren kaum noch ein Bedürfniß vorhanden sein wird.“

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Wenn demgemäß der Kanzler zusagt, sich zu bemühen „dieser Auffassung zu Gunsten des Deutschen Salpeterhandels bei den streitenden Mächten Eingang zu verschaffen", so liegt doch der Einwand in Bezug

auf Reis nahe, daß dieser niemals durch irgend welche Behandlung Kriegszwecken dienen kann. Das Recht Frankreichs, China die Reiszufuhr abzuschneiden, kann nicht bestritten werden, aber dies konnte nur durch die Blokade Chinesischer Häfen geschehen, nicht indem man will kürlich diese Waare zur Contrebande stempelte; man hätte dann das Gleiche für die Ausfuhr von Seide oder Thee verfügen können. Ob eine solche Blokade, wie Herr Waddington in seiner Note vom 10. März sagt, für die Neutralen härter gewesen wäre, als das Verbot der Zufuhr dieses einen Artikels, kommt für den Rechtspunct so wenig in Betracht, wie die sehr zweifelhafte Behauptung Ferry's in der Kammer (18. Juni), daß dieser „blocus du riz“ (!), der noch dazu beschränkt gewesen, China zum Nachgeben gezwungen habe. Man muß mit Lord Granville sich dagegen verwahren, daß die Bestimmung der Contrebande lediglich dem Belieben der Kriegführenden preisgegeben sei.

Schließlich ist noch zu erwähnen, daß bei den Verordnungen der Kriegführenden wohl zu unterscheiden ist, was sie ihren eigenen Unter thanen auszuführen verbieten, und was sie bei Neutralen als Contrebande behandeln. Bei der ersten Kategorie von Waaren ist die Rücksicht auf den eigenen Gebrauch wesentlich mitbestimmend, wie z. B. bei den Pferdeausfuhrverboten, welche bei drohendem Kriege erlassen werden. Bereits am 18. Februar 1854, also 12 Monate vor der Kriegserklärung gegen Rußland, verbot eine Englische Verordnung die Ausfuhr von Waffen und Maschinentheilen, was am 11. und 24. April auf alle Europäischen Häfen nördlich von Dünkirchen und östlich von Malta be schränkt ward. Dabei ward ausdrücklich erklärt, daß die Erlaubniß der Ausfuhr nach anderen Häfen nicht zu verstehen sei als „a licence for their transport at sea, as affecting the law of contraband. It was never intended, that the prohibition should be construed into a fresh declaration of contraband of war. It rests with the courts of maritime jurisdiction to determine that question." Ebenso verbot am 30. November 1861 beim Amerikanischen Bürgerkriege eine Verordnung die Ausfuhr von Waffen, Munition, Salpeter, Nitrat von Soda, Bimsstein u. s. w.

1) Hall p. 617: „England during the war of 1870 considered that the character of coal should be determined by its destination, and though she refuses to class it, as a general rule, with contraband merchandise, vessels were prohibited from sailing from English ports with supplies directly consigned to the French fleet in the North Sea. The view taken by England seems to be that which is most appropriate to the uses of the commodity with which it deals. Coal is employed so largely and for so great a number of innocent purposes, the whole daily life of many nations is so dependent on it by its use for making gas, for driving locomotives, and for the conduct of the most ordinary industries, that no sufficient presumption of an intended warlike use is afforded by the simple fact of its destination to a belligerent port. But on the other hand it is in the

highest degree noxious when employed for certain purposes: and when its destination to such purposes can be shown to be extremely probable, as by its consignment to a port of naval equipment, or to a naval station, such as Bermuda, I am unable to see any reason for sparing it which would not apply to gunpowder. One article is as essential a condition of naval offence as is the other.“ Der Amerikanische Staatssecretär Caß forderte in seiner Depesche vom 27. Juni 1859 die Beseitigung der Behandlung von Kohlen als Contrebande.

2) Annuaire de l'Institut 1878, p. 113.

3) So heißt es in der Note: „La doctrine qui, à côté de la contrebande de guerre par nature, admet la contrebande de guerre par destination (?), est professée depuis longtemps en Angleterre." Als ob es überhaupt Contrebande ohne feindliche Bestimmung geben könne.

§ 161.

c) Die feindliche Bestimmung der Contrebande.

Aber nicht blos die Natur der Waare macht die Contrebande, sie ist erst vorhanden, wenn die feindliche Bestimmung feststeht, mag die Sendung an sich auch unbezweifelt militärischer Natur sein. Zwischen neutralen Häfen und von einem feindlichen nach einem neutralen Hafen giebt es keine Contrebande. So heißt es in dem Manual of Naval Prize Law der Britischen Admiralität von 1866: „a) A vessel's destination should be considered neutral, if both the port, to which she is bound, and every intermediate port, at which she is to call in the course of her voyage, be neutral; b) a vessel's destination should be considered hostile, if either the part to which she is bound, or any other intermediate port, at which she is to call in the course of her voyage, be hostile, or if, in any port of her voyage, she is to go to the enemy's fleet at sea." Diese feindliche Bestimmung beginnt, sobald das Schiff mit der Contrebande seine Reise nach dem Hafen des Kriegführenden angetreten und das neutrale Gewässer verlassen hat. Es ist nicht nöthig, daß dasselbe versucht hat, in seinen Bestimmungshafen einzulaufen; es kann auf jedem Puncte seiner Reise angehalten und wegen der Contrebande nach dem Hafen des Captors gebracht werden, sobald aus seinen Papieren und nach den sonstigen Umständen seine feindliche Bestimmung feststeht. The articles must be taken in delicto that is in the actual prosecution of the voyage to an enemy's port," wie es in dem Erkenntniß Sir W. Scott's im Falle der „Imina“ heißt (Phillimore III., p. 400). Aus demselben Grunde endet das Recht der Wegnahme mit der Vollendung der Reise. Es ist kein Straf, sondern ein Repressionsrecht, das dem Kriegführenden eingeräumt ist, es muß in delicto geübt werden. Ein Schiff, das seine in Contrebande bestehenden Waaren gelöscht hat, kann auf seiner Weiter- oder Rückreise nicht angehalten werden,

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und es war eine blose Spitfindigkeit, wenn die frühere Englische Jurisprudenz eine continuous voyage zu construiren suchte, wenn Hinund Rückreise are both inseparably connected in their original plan". Es ist Sache des Kriegführenden, die Contrebande auf der Hin reise wegzunehmen; sobald sie nicht mehr an Bord ist, wird das Schiff frei. Es war unstreitig eine Verlegung des Völkerrechts, daß die Peruanischen Gerichte 1879 das Hamburgische Schiff „Luxor“ verurtheilten, welches während des damaligen Krieges zwischen Peru und Chile Waffen und Kriegsgeräth von Montevideo nach Valparaiso ge bracht hatte, und erst nach der Ablieferung derselben auf seiner Weiter reise in dem Peruanischen Hafen Callao mit Beschlag belegt ward. Der Peruanische Staatsanwalt, welcher dies kraft des Rechtes der Regierung als kriegführender Macht zu rechtfertigen suchte, zeigte nur seine juristische Schwäche, indem er die Annahme zurückwies, das Schiff müsse in flagranti ergriffen werden, während es genügend sei, wenn es in delicto betroffen sei, da es ganz unerfindlich ist, welches der Unterschied beider Ausdrücke sein soll. Die richtige Auffassung hat dann die Deutsche Regierung Peru gegenüber zur Geltung gebracht.

Aber andererseits soll auch keine Umgehung des Verbotes stattfinden, keine Verhehlung der Natur der Waare durch zweifelhafte Angaben im Connossement, noch der Bestimmung des Schiffes. In lezterer Beziehung sagt der erwähnte Manual: „It frequently happens that a vessel's destination is expressed in her papers to be dependent upon contingencies. In such case the destination should be presumed hostile. if any one of the ports, which under any of the contingencies she may be intended to touch at or go to, be hostile; but this presumtion may be rebutted by clear proof, that her master has definitively abandoned a hostile destination, and is pursuing a neutral one." Es gilt ferner für die Reise selbst der Satz „dolus non purgatur circuitu”. wenn ein neutraler Hafen als nächster Bestimmungsort angegeben ist. aber aus den Umständen zu schließen ist, daß die wirkliche Bestimmung ein Hafen des Kriegführenden war. Das Entscheidende ist hier die endliche Bestimmung des Schiffes. Wenn in dem Erkenntnisse des Amerika. nischen Supreme Court im Falle der „Bermuda“ von 1863 gesagt ist, ,,The interposition of a neutral port between neutral departure and belligerent destination, has always been a favourite resort of contraband carriers. But it never avails them, when the ultimate destination is ascertained", so ist dies richtig; wenn aber dann weiter zwischen Schiff und Ladung unterschieden und behauptet wird, lettere könne Contrebande bleiben, wenn sie auch im neutralen Hafen gelandet sei, sofern sie nur von dort nach einem feindlichen Gebiet bestimmt sei, so ist dem entschieden zu widersprechen. Es heißt in jenem Erkenntniß weiter: If there be an intention, either formed at the time of original shipment, or afterwards, to send the goods to an unlawful destination, the continuity of the voyage will not be broken, as to the cargo, by any transactions at

the intermediate port." Allerdings solle diese Absicht der Umgehung vom Captor bewiesen werden, ihm liege es ob, zu zeigen, daß die Waare nach dem neutralen Gebiet gebracht wurde, nicht um in dessen Verbrauch aufzugehen, sondern um von da zu Lande oder zu Wasser an den Kriegs, gegner befördert zu werden. ,,The question of liability must depend on the good or the bad faith of the owners of the ships. If a part of the voyage is lawful, and the owners of the ship conveying the cargo in that part are ignorant of the ulterior destination, and do not hire their ship with a view to it, the ship cannot be liable; but if the ulterior destination is the known inducement to the partial voyage, and the ship is engaged in the latter with a view to the former, then whatever liability may attach to the final voyage, must attach to the earlier, undertaken with the same cargo and in continuity of its conveyance. Successive voyages connected by a common plan and a common object form a plural unit, they are links of the same chain."

Die Doctrin der continuous voyage nach der rule of the war of 1756 empfängt also hier eine neue Anwendung. Jene Regel verbot den Neutralen den Handel mit den Colonien des Kriegführenden, welcher ihnen im Frieden untersagt war, und jene Doctrin wollte dies Verbot nicht durch die Zwischeneinschiebung eines neutralen Hafens, während der feindliche die wahre Bestimmung war, umgehen lassen. Aber das neutrale Schiff wurde nur gefaßt, wenn es sich auf der Fahrt von dem Zwischenhafen nach dem feindlichen befand. Bei der Anwendung dieser Doctrin auf die Contrebande soll dieselbe schon auf ihrer Reise von einem neutralen Hafen zum andern weggenommen werden können, wenn ihre schließliche feindliche Bestimmung nachgewiesen werden kann. Dies ist durchaus unzulässig; die Seereise kann nie mehr umfassen als die Durchmessung des Raumes vom Abfahrts, bis zum Landungshafen; zu behaupten, daß die „Reise“ noch fortdauere, nachdem die Ladung gelöscht oder gar für sie Zoll bezahlt ist, wie das Erkenntniß der „Ber muda" thut, geht ins Bodenlose.

Im Gegensatz dazu erklärt der Manual: c) The destination of the vessel is conclusive as to the destination of the goods on board. If therefore the destination of the vessel be hostile, then the destination of the goods on board shall be considered hostile also, notwithstanding it may appear from the papers or otherwise that the goods themselves are not intended to be forwarded beyond it to an ulterior neutral port. On the other hand, if the destination of the goods on board should be considered to be neutral, notwithstanding it may appear from the papers or otherwise that the goods themselves have an ulterior hostile destination to be attained by transshipment, overland conveyance or otherwise."

Demgemäß heißt es in einem Erkenntniß des Court of Common Pleas von 1864: The allegation, that the goods were shipped for the purpose of being sent to an enemy's port is an allegation of mental

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