Page images
PDF
EPUB

neutralen Regierungen, und sie dauert fort, bis ihr Aufhören in gleicher Weise notificirt wird. Dies zu thun ist zwar Pflicht des Kriegführenden, sobald sie thatsächlich nicht mehr vorhanden ist, aber „prima facie, the blockade must be supposed to exist till it has been publicly repealed. It cannot, indeed, be said that a blockade of this sort may not in any possible case expire de facto, but such conduct is not hastily to the presumed against any nation. And till such a case is clearly made out, it is the duty of the Prize Court, to hold that a blockade by notification is, prima facie, to be presumed to continue till the notifiIcation is revoked." Schon die vage Fassung dieser Säße zeigt ihre Unhaltbarkeit. Ganz unzulässig ist die behauptete rechtliche Voraus. seßung, daß eine notificirte Blokade fortdauere, bis ihr Aufhören ange. zeigt sei. Allerdings ist es, wie Phillimore anerkennt, Pflicht des Kriegführenden, die Beendigung der Blokade anzuzeigen; aber thut er dies auch nicht, so ist sie dennoch hinfällig, sobald sie thatsächlich nicht mehr ausgeübt wird, wie oben ausgeführt ist. Ein Schiff, das sich dem bisher blokirten Hafen in der Zeit zwischen dem thatsächlichen Aufhören der Blokade und der Anzeige des Aufhörens nähert, unterliegt der Wegnahme nicht. Die Behauptung des Staatssecretärs Seward in seiner Note vom 23. Mai 1861 an Lord Lyons, daß „a blockade established by notification continues in effect until notice of its relinquishement is given by proclamation", ist unhaltbar und wird durch das erwähnte Verhalten der Vereinigten Staaten selbst in 1870 widerlegt. Aber es muß auch behauptet werden: Eine blos thatsächlich errichtete Blokade existirt für die Neutralen nicht, ihre amtliche Notification kann nicht durch die specielle an das Schiff ersezt werden, die erstere ist Bedingung ihrer Gültigkeit. Fauchille weist zwar mit Recht die Bemerkung Geßner's (p. 203) zurück, daß dieselbe a une importance analogue à celle de la publication pour la validité des lois", weil die obliga. torische Kraft der Geseze aus der Autorität der Staatsgewalt über ihre Unterthanen folgt, während der Kriegführende keine Autorität über die Neutralen hat; wie denn auch Geßner selbst zugeben muß, daß dieser Vergleich nicht ganz zutreffe, da es bei den Gesezen heißt: ignorantia juris nocet", was eben bei der Blokade nicht zutrifft. Wenn aber Fauchille nur die Special-Notification zulassen will und die diploma, tische für nicht wesentlich erklärt, so geht er seinerseits zu weit. Er stellt die Alternative: „Ou bien la notification diplomatique sera faite au moment même de l'investissement réel, et alors pendant un certain temps le temps nécessaire pour que la notification parvienne à l'état neutre un blocus existant en fait ne devra pas être respecté. Ou au contraire elle aura lieu avant l'investissement réel et alors les neutres devront croire à l'existence d'un blocus bien avant qu'il soit réellement commencé," und führt an, daß 1854 der Admiral Napier nach einer im Preußischen Staatsanzeiger" vom 22. April veröffentlichten Anzeige ankündigte, daß er am 12. April abgesegelt, um die Baltischen Häfen

"

[ocr errors]
[ocr errors]

Rußlands zu blokiren, während erst am 16. Juni die London Gazette" das Bestehen der Blokade bekannt machen konnte. Indeß diese Schwierig. keit besteht doch thatsächlich in heutiger Zeit nicht. Zwischen der wirk lichen Errichtung der Blokade und der Notification an die neutralen Regierungen braucht kein Zwischenraum zu bestehen; versäumt der Krieg. führende die lettere, so haben die Neutralen die Blokade nicht anzuerkennen, und ebenso wenig, wenn eine solche nicht an dem notificirten Termine in Wirksamkeit tritt, bis sie dies thut. Maßgebend ist jedenfalls nicht eine Ankündigung eines Admirals, mit dem die neutralen Regierungen in keiner Beziehung stehen, sondern die Mittheilung der kriegführenden Regierung an die neutralen. Diese ist, wie gesagt, nothwendig, damit lettere ihre Unterthanen warne, die Blokade zu verlegen, während der Kriegführende über neutrale Unterthanen keine Autorität hat. Jedenfalls aber würde, wenn die Blokade that. sächlich vor der Notification besteht, das Schiff doch nur zurückgewiesen werden können, was selbst Phillimore anerkennt, indem er von der blockade de facto spricht. Man wird zwar Fauchille zugeben, daß die specielle Notification für jedes einzelne Schiff das sicherste Mittel ist, nicht in Schaden zu gerathen, und daß ihr obligatorischer Charakter, wie Calvo sagt, allen Streit darüber ausschließt, ob das betreffende Schiff die Blokade gekannt hat oder nicht. Aber einmal kommt nicht blos das einzelne Schiff, sondern der ganze Handel der Neutralen nach dem Lande in Betracht, dessen Häfen blokirt werden sollen; derselbe muß sich auf diese neue Lage einrichten und dazu gehört eine gewisse Zeit. Sodann aber liegt in der Forderung der obligatorischen Special-Notification für jedes Schiff, auch wenn es die Blokade kannte, eine starke Beschränkung des Rechtes der Kriegführenden, die schwer durchzusehen sein wird. Man hat gesehen, daß die Vereinigten Staaten, troß der Proclamation Lincoln's, welche, wie angeführt, die Special-Notification vorschrieb, sie praktisch nur bei Unkenntniß der Blokade gelten ließen, und auch der Vertrag mit Italien von 1871 macht diese Voraussetzung. Die Englische Regierung hat übrigens in neuerer Zeit stets die Blokade notificirt. Die Prisengerichte hielten im Krimkrieg noch die doppelte Art der blockade de facto und by notification aufrecht. So namentlich Lushington im Fall der „Francisca" (25. Januar 1855), doch sagte derselbe dort: „Notice to each individual vessel or each merchant concerned was impossible, but unless the notoriety of the blockade were so great, that according to the ordinary course of human affairs the knowledge thereof must have reached all engaging in the trade to the ports so blockaded, a warning to each vessel approaching was indispensably requisite." (Offic. Actenst. 1855, VIII., S. 27.) Die meisten neueren Englischen Schriftsteller haben übrigens die Scott-Phillimore'sche Doctrin als unhaltbar anerkannt. So Deane, p. 53: Notification to foreign. governments is a necessary step in the blockade." Ebenso der Recensent meiner Französischen Ausgabe Heffter's. (Edinb. Rev. 1884, p. 264.)

Man darf also sagen, daß eine Blokade, um verbindlich für die Neutralen zu sein, ihnen notificirt sein muß. Man kann aber nicht behaupten, daß eine specielle Warnung an jedes Schiff nothwendig ist, sondern nur dann, wenn es, wie der Amerikanisch-Italienische Vertrag jagt, so circumstanced" ist, daß es bona fide der Blokade unkundig war.6) 6. Da es ungerecht sein würde, neutrale Schiffe, welche vor der Blokade in einen Hafen eingelaufen sind, in demselben einzuschließen, so wird denselben regelmäßig ein Zeitraum zum freien Auslaufen bewilligt, gewöhnlich mindestens 15 Tage,7) und dies wird sowohl allgemein als auch den Ortsbehörden des feindlichen Hafens und den dort wohnenden fremden Consuln bekannt gemacht. Die freie Ausfahrt geht aber, was die Ladung betrifft, nur auf eine solche, die bona fide vor Beginn der Blo kade gekauft und an Bord genommen ist. Das Schiff muß dies beweisen, kann es das nicht, so wird es zurückgewiesen und kann dann nur in Ballast auslaufen. Nach Ablauf des Termins wird jedes Schiff, das auszulaufen sucht, so behandelt, wie das, welches einzulaufen unternimmt, und muß eventuell beweisen, daß es durch unverschuldete Umstände festgehalten wurde. Der Umstand, daß die Französische Instruction von 1870, welche specielle Notification für jedes Schiff vorschreibt, nur von „bâtiments dirigés vers un port bloqué" spricht, scheint schließen zu Lassen, daß eine solche individuelle Warnung nicht an Schiffe gegeben werden sollte, welche nach dem Termin auszulaufen suchen. Es kommt indeß öfter vor, daß die Blokade sich nur auf das Verbot der Einfahrt von Schiffen in den blokirten Hafen beschränkt, wenn der Kriegführende dadurch allein seinen Zweck zu erreichen glaubt, so 1840 bei der Englischen Blokade von Canton und bei der Blokade der Donaumündungen durch die Westmächte, da sie, wie die Befehlshaber des Geschwaders am 2. Juni 1854 erklärten, nur die Zufuhr an die Russischen Truppen abschneiden wollten.

1) So heißt es auch im Vertrage zwischen den Vereinigten Staaten und Italien von 1871, Art. 14: „a port or place besieged, blockaded or invested."

2) Vgl. besonders Hautefeuille IX., ch. 7, Pistoye et Duverdy, Traité des Prises maritimes II., p. 376., Fauchille p. 43 ff. Hall, International Law, 2 ed., p. 340 bemerkt: „It is difficult to see, how the practice can be defended." Bulmerincq, Handb. IV., § 37.

3) Die Englische Praxis war noch im Krimkriege darin sehr lag. So be hauptete Lushington im Fall der „Francisca“ (25. Januar 1855): „He could see no reason to suppose that a force of 3 or 4 steam-vessels was not perfectly adequate to blockade the coast of Courland from Libau to Lyserort, a distance of nearly 100 miles." (Offic. Actenst. 1855, VIII., S. 22.) Daš Institut de droit international empfahl 1877 folgende Fassung: „Un blocus est effectif, lorsqu'il a pour résultat d'empêcher l'accès du port bloqué au moyen d'un nombre suffisant de vaisseaux de guerre stationnés, ou ne s'écartant que momentanément de leur station."

4) Cobden formulirte seine Forderung in einem Schreiben an die Manchester Handelskammer: „Blockades to be restricted to naval arsenals and to towns besieged at the same time on land, with the exception of article contraband of war."

5) Es ist dies der Französischen Praxis entsprechend. Bei der Blokade Argentiniens wurden mehrere Schiffe durch Urtheil des Prisengerichtes freigegeben, weil sie nicht spécialement avertis gewesen, il ne suffisait pas que le blocus eut été notifié par nos agents aux agents des puissances étrangères“. Umgekehrt wurde ein speciell gewarntes Schiff, das in den Hafen von Oran eindringen wollte, 1830 verurtheilt, obwohl nur die Blokade Algiers den Neutralen notificirt war. 6) So Dänemark 1848 und 1864, England und Frankreich im Krimkriege, die Vereinigten Staaten im Bürgerkriege und Frankreich 1870. Bei sehr ent fernten Häfen wird die Zeit meist verlängert.

7) Treffend scheint die Fassung des Entwurfes des Institut de droit intern. § 41: „S'il est évident qu'un navire de commerce approchant du port bloqué n'a pas eu connaissance du blocus déclaré et effectif, le commandant du blocus l'en avertira, inscrira l'avertissement dans les papiers de bord du navire averti, tout au moins dans le certificat de nationalité et dans le journal de bord, marquant la date de l'avertissement et invitera le navire à s'éloigner du port bloqué, en l'autorisant à continuer son voyage vers un port non bloqué". § 42: „On admet l'ignorance du blocus lorsque le temps écoulé depuis la déclaration du blocus est trop peu considérable pour que le navire en cours de voyage qui a tenté d'entrer dans le port bloqué, ait pu en être instruit."

§ 166.

C. Wirkung und Verlegung der Blokade.

Die Blokade will den blokirten Plaz isoliren und von allem Verkehr nach der See zu abschneiden, also in erster Linie den Handelsverkehr desselben und mit demselben hindern, aber nicht allein dies, sondern ebensowohl den Personen und Postverkehr, der dem blokirten Blaze in mannigfacher Weise nüßen kann. Es werden daher überhaupt keine Schiffe zugelassen, selbst wenn sie ganz ohne Waarenladung sind. Die Erlaubniß zur Fortsetzung des Postverkehrs durch neutrale Postschiffe ist eine Liberalität, die nicht gefordert werden kann, weil die Natur der Correspondenz und ihre eventuelle Schädlichkeit für den blokirenden Krieg. führenden nicht controlirt zu werden vermag. Von dem Gesichtspunct möglichster Isolirung kann dem Blokirenden nicht die Abschneidung eines unterseeischen Kabels verwehrt werden, das den feindlichen Hafen mit der übrigen Welt verbindet, wenngleich, wie das Institut de droit intern. 1879 bemerkte, es wünschenswerth ist, daß nur eine Sequestration und nicht eine Zerstörung des Kabels stattfinde und im leßeren Falle der Kriegführende billiger Weise nach dem Frieden das Kabel wiederherstellen sollte. Ausnahmen für die vollständige Abschließzung bestehen nur:

1. Für die amtliche Correspondenz der neutralen Regierung mit

ihren diplomatischen und Consularagenten in dem blokirten Hafen, weil die neutrale Regierung das Recht hat, ihre friedlichen Beziehungen mit dem Kriegführenden fortzusehen und nicht angenommen werden kann, daß diese Correspondenz dem blokirenden Staate schaden werde, und ebenso kann ein neutrales Schiff die Correspondenz anderer neutraler Regierungen mit ihren dortigen Agenten befördern, wie Seward in seiner Depesche vom 14. October 1861 an Lord Lyons anerkannte.

2. In Fällen erwiesener Seenoth, wo das neutrale Schiff durch Wetter, Havarie u. s. w. in den blokirten Hafen getrieben ist und keinen anderen nicht blokirten erreichen konnte. Es muß dann frei herausgelassen werden, hat sich aber jeder Handelsoperation zu enthalten und muß, sobald es wieder seefähig ist, abfahren. Dagegen wird bloser Proviantmangel nicht leicht als Rechtfertigung des Anlaufens eines blokirten Hafens angenommen, weil, wie Lord Stowell sagt: „an excuse, to be admissible, must show an imperative and overruling compulsion, to enter the particular port under blockade. It may induce the master of the ship to seek a neighbouring port, but it can hardly ever force a person to resort exclusively to a blockaded port." (Die Italienische Instruction von 1866, Art. 9, giebt im erwähnten Falle des Proviantmangels Erlaubniß einzulaufen.) Ebensowenig gilt als Entschuldigung Unkenntniß der Dertlichkeit, Irrthum in der Fahrtrichtung und Aehnliches, da solche Einwendungen zu leicht zum Betrug führen könnten.

3. Wie im § 165 bemerkt wurde, dürfen Schiffe, die vor der Blo kade sich bereits im blokirten Hafen befanden, in Ballast oder mit einer vor der Blokade an Bord genommenen Ladung den Hafen frei verlassen; ebenso können Waaren, welche ein Neutraler nach dem Hafen vor der Blokade gesandt hat und dort unverkäuflich waren, wieder frei herausgebracht werden.

4. Schiffe, welche mit besonderer Erlaubniß (Licenzen) in den blokirten Hafen hineingelassen sind, müssen auch wieder frei ausgehen können, je nach dem Wortlaut der Licenz mit oder ohne Ladung. Kriegsschiffe der Neutralen haben jeder Zeit das Recht, die Art, wie die Blokade geübt wird, zu beobachten; aber sie können nicht allgemein verlangen, in den blokirten Hafen hineinzufahren, sofern sie nicht ihren dortigen Vertretern Mittheilungen ihrer Regierungen zu überbringen haben. Indeß wird die Zulassung wohl allgemein ausgesprochen, da von ihnen keine Förderung der Interessen der Blokirten zu erwarten ist, und die selbe kann sicher nicht geweigert werden, wenn ihre Anwesenheit im blokirten Hafen nöthig ist, um ihre Angehörigen daselbst zu schüzen.

Zur Verlegung der Blokade bedarf es eines bestimmten Actes, durch den das neutrale Schiff in Berührung mit dem blokirenden Ge schwader kommt. Nicht blos der wirkliche Bruch der Blokade, sondern auch der constatirte Versuch dazu, aber nicht die blose Absicht ist strafbar. Die Blokade ist ihrer Natur nach auf eine bestimmte Dertlichkeit be schränkt. Alle Bemühungen, festzustellen, was eine Blokade effectiv macht,

« PreviousContinue »