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Fürsten, sowohl in der Ausübung der Souveränetät, als auch in der Benußung des Staatseigenthums, allein er erwirbt dadurch weder jene, noch dieses . . der leidende Gehorsam .. darf nicht weiter gehen als die Nothwendigkeit erheischt.“ . . Da und sofern der Ankauf von Staatsgütern auf freiem Willen beruht, ist er in der Regel unerlaubt. Die Eroberung des Landes ist Regierungs. veränderung der That, nicht dem Rechte nach. „Die Anhänger dieser Lehre ver wechseln die Ausübung mit der Erwerbung, den Kriegsstand mit dem Friedens. stand, den feindlichen Besiß mit der rechtlichen Regierungsnachfolge“ (S. 660). Zutreffend ist dies jedenfalls für die blose Occupation. Die Frage aber, ob nur solche vorliege, ist hier nicht entschieden. Der einfachste Ausweg (de lege ferenda) wäre auch hier die Annahme des Princips des Preuß. A. L.-R. I., 9, § 199, gewesen.

§ 188.

Postliminium und Zwischenherrschaft.

Literatur: Heffter §185, 188.

Calvo 2988.

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S. 547. 280 ff. 1866.

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Pfeiffer, Recht der Kriegseroberung, S. 65 ff., Brockhaus, Legitimitätsprincip, 1865. Brie, Legitimation, Kirchenheim, Lehrbuch des Staatsrechts, § 43, III., S. 197.

Die Klarlegung des Thatbestandes des Hessen-Cassel-case hat ersicht lich gemacht, wie irrig die gerade bei dieser Gelegenheit so beliebte Heran ziehung des Postliminiumbegriffes war, und es handelt sich zum Schlusse nur darum, scharf zu betonen, daß eben in solchen Fällen wie den erörterten der Eroberung der Hessischen Staatscapitalien und des Verkaufes der Westphälischen Domänen, jener Begriff keine Anwendung finden kann.

Ein Kriegführender, der sich in den Besiß eines Gebietes gesezt, kann es bei dem Status quo belassen und sich auf die thatsächlichen Vortheile der Kriegsoccupation beschränken; er kann eine provisorische Verwaltung einrichten ohne die Absicht, das eroberte Land dauernd seiner Herrschaft zu unterwerfen oder mit dieser Absicht: in allen diesen Fällen tritt nach Vertreibung des Eroberers das frühere Recht wieder in Kraft und kann. von einem Postliminium gesprochen werden.

Keineswegs aber kann dies geschehen, wenn der Eroberer sich alle Herrschaftsrechte aneignet mit der zweifellosen Absicht, den früheren Herrscher ganz und für alle Zukunft auszuschließen, mit einem Worte, wenn er die Souveränetät erlangt. Man nennt diesen Fall gewöhnlich Usurpation und versteht darunter die gewaltsame Einnahme eines fremden Gebietes, welche von der Art und der Dauer ist, daß der Usur pator berechtigt wird, sich für den rechtmäßigen Regenten zu halten und alle Herrschaftsbefugnisse der ordentlichen Staatsgewalt auszuüben. Wenn

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einer solchen Regierung ein Ende bereitet wird, so müssen die früheren Rechtsverhältnisse durch Gesetz wiederhergestellt werden, aber nur durch Gesetz - und dies ist nicht mehr eine Frage der Rechtsprechung und Rechtswissenschaft, sondern der Verfassungs- und Gesetzgebungspolitik. Im Uebrigen bewahren alle Regierungsacte ihre staats- und privatrechtliche Gültigkeit. Die Acte des Usurpators haben für die seiner Herrschaft thatsächlich Unterworfenen gleiche Kraft wie die Acte einer legitimen Staatsgewalt: er hat Gesetzgebung und Verwaltung, er hat die Verfügung über das Staatsgut, wie der legitime Herrscher. Ob eine Staatsgewalt legitim“ oder „illegitim" ist wie man sich aus. zudrücken pflegt - ist für die Entscheidung über die rechtliche Wirksam. keit der Regierungsacte nicht von Belang, und wir haben uns auf diese Streitfragen, welche mehr staatsrechtlicher Natur, nicht einzulassen. Die Ausübung der Staatsgewalt hängt dies muß nun einmal anerkannt werden und ist allgemein anerkannt nicht vom rechtmäßigen Erwerbe, sondern vom thatsächlichen Besize ab. Auch die illegitime factische Staats. gewalt sezt den Staat fort, vertritt ihn, erzeugt ihm Rechte und Ver bindlichkeiten. Einerseits ist dies festzuhalten, andererseits ist die Grenze zwischen Occupation und Usurpation scharf zu ziehen, d. h. zwischen dem Anwendungsfall und dem Ausschluß des Postliminium. Man darf dies vielleicht in der Weise thun, daß man den Gegensatz von Eroberung und Rechtsnachfolge hervorhebt. Erobert wird das Land, nicht der Staat selbst. Selbst wenn ein ganzes Land occupirt und alle seine Bewohner gefangen wären, wäre darum noch nicht die Staatsgewalt occupirt. Dieselbe ist überhaupt kein Gegenstand der Occupation. Soll sie wirklich dem Sieger erworben werden, so gehört dazu ein ganz anderer Titel, der Titel der Rechtsnachfolge. Ob eine solche stattfindet, ob wirklich corpore et animo die Staatsgewalt besessen wird, ob nicht eine vorläufige Bemächtigung, sondern eine dauernde Usurpation, ein „Inter. regnum" vorliegt, das ist eine nicht nur völkerrechtliche Frage. Als Rechtsnachfolger aber kann der Sieger nun auch den eroberten Staat als den seinigen betrachten; dieser Staat gehört ihm an mit aller seiner Gewalt, seinem Vermögen, seinen Forderungen, seinen Verpflichtungen. Vermöge der Succession ist er an die Stelle des früheren Regenten ge treten, vermöge der, in Folge der Occupation, aber durch einen hinzuge kommenen Titel erworbenen Staatsgewalt, nicht vermöge des Factums der Occupation. Wo aber eine solche Rechtsnachfolge stattgefunden hat, kann der Begriff des Postliminium nicht mehr in Anwendung kommen.

Druck der Verlagsanstalt und Druckerei Aktien Gesellschaft
(vorm. J. F. Richter) in Hamburg.

Der Hypnotismus

und die verwandten Zustände

vom Standpunkte der gerichtlichen Medicin

von

Dr. Gilles de la Tourette

Chef de clinique de maladies du système nerveux à la Salpêtrière, ancien préparateur du cours de médecine légale à la Faculté de Paris.

Autorisirte deutsche Ueberseßung.

Mit einem Vorwort von Professor J. M. Charcot (de l'Institut).

Gr. 8° (IV u. 546 S.). Preis 9 Mk. geh., 11 Mk. eleg. geb.

Der Verfasser hat die seltene Kunst verstanden, bei der Behandlung der so schwierigen Materie mit einer stets gewahrten strengen Wissenschaftlichkeit eine so fesselnde und auch für den Nichtfachmann verständliche Diktion zu verbinden, daß sein Werk in Frankreich nicht nur bei den Aerzten und Juristen, sondern auch bei dem gebildeten Laienpublikum einen reißenden Absah gefunden hat. Die vorzügliche Ueberseßung bürgt für einen ähnlichen Erfolg in Deutschland, da bekanntlich auch hier in allen Kreisen der Gebildeten das lebhafteste Interesse für die Resultate vorhanden ist, welche die Wissenschaft auf dem verhältnißmäßig noch so wenig bekann ten Gebiete des Hypnotismus zu verzeichnen hat. Fast bis zum Ende der siebenziger Jahre bezogen sich die Beschreibungen des Hypnotismus und der ihm verwandten Zustände auf den mehr oder weniger tiefen Schlafzustand, wobei die verschiedenen Zustände in einem großen Wirrwarr durcheinander geworfen waren. Eine eigentlich wissenschaftliche Anschauung von diesen Dingen beginnt erst mit den Untersuchungen der berühmten Aerzte Braid und Charcot sich Bahn zu brechen.

Nachdem der Verfasser, ein Schüler Charcot's, auf dessen Standpunkte er im großen Ganzen steht, einen historisch-kritischen Rückblick auf die verschiedenen Ansichten über den Hypnotismus bis zu Charcot geworfen hat, unterzieht er die von Charcot sowie von anderen bedeutenden Gelehrten der Jehtzeit über den Hypnotismus und dessen verwandte Zustände wie Somnambulismus und Hysterie erzielten Resultate einer ausführlichen Besprechung. Gleich Charcot geht er dabei von dem Grundjage aus, daß unter den hypnotisirbaren Individuen die hysterischen den ersten Play einnehmen und daß bei durchaus Gesunden der Hypnotismus sich überhaupt nicht hervorbringen lasse.

In den beiden lezten Theilen des Werkes, welche von dem Nußen und den Gefahren des Hypnotismus, bezw. dem Hypnotismus vor dem Geseze handeln, wird dargelegt, daß der Hypnotismus für die Behandlung der ausgesprochenen Hysterie vou großem Nugen sein kann, während er andererseits auch außerordentlich schädlich zu wirken vermag, da es bei Personen, die zur Hysterie beanlagt sind, nichts giebt, was geeigneter wäre, sie zur Entwickelung zu bringen, als der Hypnotismus. Die Zahl der durch planlose hypnotische Experimente hervor. gerufenen nervösen Anfälle ist eine recht große, so daß das Hypnotisiren nur den Aerzten gestattet sein sollte. Hierzu kommt noch der Umstand, daß vielfach an hypnotisirten Personen Sittlichkeitsverbrechen verübt werden. Aus diesem Grunde muß der Gerichtsarzt, sowie auch der Richter Mittel haben, unter Umständen zu erkennen, ob eine Person, welche vorgiebt, in hypnotisirtem Zustande vergewaltigt zu sein, die Wahrheit spricht oder nicht. Die Leser des Werkes von de la Tourette werden nicht vergeblich nach derartigen Fingerzeigen suchen, die ihnen gebotenen vielmehr zu schäßen wissen. (Reform.)

Verlagsauftalt und Druckerei J.-G. (vormals 3. F. Richter) in Hamburg.

Der Verbrecher

in

anthropologischer, ärztlicher und juristischer Beziehung.

Von

Professor Cesare Combroso

in Turin.

In deutscher Bearbeitung

von

Dr. med. O. Fränkel, Sanitätsrath.

Mit Vorwort von Professor Dr. jur. von Kirchenheim.

Lex. 8° (XXII u. 562 Seiten). Preis 15 Mk. geh., 17,50 Mk. geb.

Lombroso beschäftigt sich nicht mit philosophischen Theorien von Verbrechen und Strafe mit den Problemen des Versuchs, der Konkurrenz u. s. w.; seine Untersuchungen sind gerichtet auf die Erkenntniß der Eigenart des zu Verbrechen geneigten Menschen, die Erforschung der Ursachen dieser Neigung und die Aufdeckung der Mittel, ihr entgegenzuarbeiten. Die Ergebnisse seiner bisherigen Forschungen auf diesem dunklen Gebiete sind in dem vorliegenden Werke in ein geordnetes System gebracht. Dasselbe zerfällt in drei Theile, von denen der erste den „Ur anfang des Verbrechens“ behandelt und gewissermaßen eine Embryologie desselben giebt, indem er die Anfänge des Verbrechens bis in die Thierwelt zurückverfolgt, der zweite die Lehre von der pathologischen Anatomie und der Anthropometrie an den Verbrechern entwickelt und der dritte endlich die Biologie und Psychologie des geborenen Verbrechers zur Darstellung bringt. Auch wer nicht auf dem Standpunkte des Verfassers steht, wird dessen Werk mit großem Interesse und Nugen lesen und die außerordentliche Belesenheit, Gelehrsamkeit, sowie den weiten Blick des Verfassers bewundern. (Centralblatt f. d. juristische Praxis.)

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Auf Grundlage Europäischer Staatspraxis

unter Mitwirkung von

Geh. Rath Prof. Dr. v. Bulmerincq, Dr. E. Caratheodory, Geh. Rath Prof. Dr. Dambach, Prof. Dr. Gareis, Geh. Rath Prof. Dr. Geffcken, Legations-Rath Dr. Geßner, Prof. Dr. A. von Kirchenheim, Prof. Dr. Lammasch, Prof. Dr. Lueder, Prof. Dr. Meili, Dr. W. v. Melle, Generalconsul Prof. Dr. Rivier, Prof. Dr. Stoerk

herausgegeben

von

Dr. Franz von Solhendorff,
Professor der Rechte.

Registerbändchen.

Enthaltend:

1. Sachregister.

2. Fallregister.
3. Autorenregister.

Hamburg.

Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormals J. F. Richter).

1889.

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