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Die zunehmende Versandung der Wolga.

Ueber die Versandung der Wolga entnehmen wir aus den Mittheilungen des Herrn Wangenheim v. Qualen in dem „Bulletin de la Société Impériale des Naturalistes de Moscow 1860 No. 1" folgende Notizen. Die Wolga, von dem Verfasser passend der Mississippi Rufslands genannt, bildet die Hauptader für den Verkehr des Nordens mit dem Süden. Gespeist durch eine grofse Anzahl schiff barer Flüsse und kleinerer Gewässer, besetzt mit einer Reihe blühender Städte, würde dieser Strom von noch bei weitem gröfserer Bedeutung für den Handel werden, wenn es gelänge, der von Jahr zu Jahr fortschreitenden Versandung des Fahrwassers wirksam entgegen zu treten. So aber haben sich Sandbänke vor den Ausmündungen vieler Seitenflüsse gelagert und Barren der gefährlichsten Art und in oft sich verändernder Gestalt steigen aus dem Hauptstrom empor und hemmen den Stromlauf und die Schifffahrt. Im Frühjahre namentlich, wenn der Strom in Folge der Regengüsse und der schmelzenden Schneemassen sich oft 30 bis 60 Fufs über sein gewöhnliches Niveau erhebt und alle einmündenden Gewässer Erde, Sand, Thon und Schlamm zu einer breiartigen Masse verbunden, der Wolga zuführen, lagern sich der schwere Kieselsand, sowie Geröll und Steine im Strombette und steigen als Sandbänke empor, während die humösen, leichteren Bestandtheile der schwarzen Erde, sowie der aufgelöste feine Thon und Kalkgehalt dem kaspischen Meere zugeführt werden. Für die Schifffahrt am gefährlichsten ist die Strecke von Twer, wo die Wolga schiff bar wird, bis Rybinsk; denn obgleich hier die Wasserstrafse nur für Schiffe von 1 bis 2 Fufs Tiefgang befahrbar ist, so verirren sich doch bei niedrigem Wasserstande die Fahrzeuge förmlich zwischen den Sandbänken und bleiben bald auf diesen, bald auf den zahlreichen Felsblöcken, von welchen der Grund des Strombettes besät ist, festsitzen. Gewöhnlich nimmt man an, dafs die Unmassen von Erde, Sand und Gerölle, welche alljährlich aus dem ganzen Wolga-Bassin kommen, ihren Ursprung nur den abbröckelnden und durch die Fluthen abgerissenen Uferrändern der in die Wolga ausmündenden Gewässer zu verdanken haben. Vermehren nun auch diese von den Frühlingsfluthen lofsgerissenen Uferabhänge die Anhäufung der Sandbänke in der Wolga, so hat doch die Bildung der Barren einen tiefer liegenden Grund. Denn Jahrhunderte lang dauert bereits die Abspülung der Uferränder und hätten die Zuflüsse im ganzen Wolga-Bassin diese Schlammmassen allein zugeführt, so würden dieselben bereits eine solche Breite haben, dass zuletzt ein

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Abbröckeln der Uferränder nicht mehr möglich wäre; sie würden ein Maximum der Breite im Verhältnifs zur Wassermenge erreicht haben, die Strömung würde sich dann ausbreiten und nicht mehr auf die Uferabhänge einwirken können, wie dies bei der Wolga an vielen Stellen augenscheinlich der Fall ist. Die Hauptursachen der fortschreitenden Versandung des Bettes der Wolga sind vielmehr die vielen Tausend Schluchten oder Owrags, welche seit undenklichen Zeiten die Länder des ganzen Wolga-Bassins in allen Richtungen durchschneiden, sich theilweise vergrössern oder alljährlich neue bilden und durch die Frühlings - Ueberschwemmungen viele Millionen Kubikfufs des fruchtbarsten Bodens, vermittelst der vielen Flüsse und Bäche zur Wolga bringen und ablagern. Von diesen Owrags heifst es in der von Murchison, Verneuil und Graf Keyserling herausgegebenen Geologie Rufslands: Wenige Erscheinungen an der Boden - Oberfläche in Rufsland verdienen die Aufmerksamkeit des Geologen in so hohem Grade, als die merkwürdigen Spalten, welche sich von Jahr zu Jahr in der Erde öffnen und mit der Zeit oft grofse Tiefe erreichen, und zwar nicht allein in der Drift und im älteren Alluvium, sondern auch im eigentlichen Felsboden. Diese Owrags kommen fast in jeder Gegend vor, wo hohe Plateaus, zumal aus weichem Materiale bestehend, durch einigermafsen tiefe Thäler begrenzt werden. Die Schnelligkeit, womit sie sich erweitern, wenn sie einmal geöffnet sind, ist Staunen erregend etc." Und weiter hin heifst es: „Wir haben im Verlaufe uns zu zeigen bemüht, dafs das mittlere Rufsland auf weite Strecken hin aus losem, unzusammenhängendem Material besteht; es sind in der That Regionen so arm an hartem Felsboden, dafs die mächtigen Sand-, Schlamm- oder Thon - Anhäufungen, welche hier die Oberfläche behaupten, eine leichte Entblöfsung des Bodens gestatten, wenn nur irgend eine geeignete Kraft in Wirkung tritt. Das Oeffnen und die Spaltung solcher Massen wird vorerst durch das Klima bedingt; eine starke, lang anhaltende Dürre wechselt mit gewaltigen Ueberschwemmungen, hervorgerufen durch das Schmelzen mächtiger Schnee- und Eisdecken. Während der heissen austrockenden Sommerzeit bilden sich nothwendiger Weise Risse in dem thonigen Boden, welche sich dann später im Winter mit grofsen Schnee- und Eismassen füllen, die beim Aufthauen im Frühjahre schmelzen; der kleine Rifs vom vorigen Jahre wird zu einer grofsen Spalte, die sich um so mehr erweitert, je näher sie den steilen Gehängen der Hügel kommt, und so nach mehreren Jahren zur breiten, tiefen Schlucht wird, in welcher der schmelzende Schnee, Schlamm, Sand, Thon, Gerölle und Blöcke dem nächsten Flusse zugeführt werden. Es dürfte keine uninteressante Aufgabe sein, zu beobachten, bis zu welcher Ausdehnung solche Spalten, selbst in jenen Gegenden, wo das beste Pflugland, die trefflichsten Weiden des Reiches sich finden, vorschreiten. Man könnte dies annähernd bestimmen durch Messung des schnellanwachsenden Deltas im kaspischen Meere unfern Astrachan und an der Wolga-Mündung". Der Verfasser versucht darauf das uranfängliche Entstehen, die Gröfse und die weitere Verbreitung dieser Owrags genauer nachzuweisen. Die zum Wolga-Bassin gehörigen Gouvernements NischnyNovogorod, Kasan, Orenburg, Samara, Pensa, Simbirsk und theilweise auch Saratow bieten meistentheils den Anblick eines wellenförmigen Hügellandes dar, in dem zwischen meist sanft abfallenden Höhenzügen sich Thäler zu einer oder der anderen Flufs- oder Bachrinne hinschlängeln. In jedem dieser Thäler findet sich

nun gewöhnlich ein schon völlig ausgebildeter oder im Entstehen begriffener HauptOwrag, welcher sich nicht selten in mehrere Seitenspalten theilt, in denen das Erdreich bereits tief ausgewaschen oder fortgeschlemmt ist. Aus diesen Owrags nun werden jene Massen von Schlamm und Gerölle der Wolga zugeführt, von denen die leichteren Stoffe und Erdarten von den rasch strömenden Wellen mit weggeschlemmt werden, der ausgewaschene schwerere Sand hingegen und die Gerölle im Flufsbett der Wolga sich festlagern. Alle diese Schluchten, über welche unzählige Brücken führen, die bei den Frühlings-Ueberschwemmungen jährlich hinweggerissen oder beschädigt werden, sind während des Sommers gröfstentheils völlig trocken; das Vieh grast in ihnen und nur bei starkem Regen bildet sich eine gewöhnlich ganz unbedeutende Abzugsrinne in ihnen. Ganz anders aber zur Zeit der Frühlings- Ueberschwemmungen, wenn von den Hügelketten die geschmolzenen Schneemassen ihr Wasser in die Schluchten hinabsenden, die Ackerkrume in die Schluchten mit hinabspülen und das in der Tiefe der Owrags ruhende Geröll aufwühlen, wo dann die Wassermenge durch die in ihnen vom Winde zusammengewehten Berge von Schnee neue Nahrung empfängt. Die grossen Erdspalte, welche in der vorderen Richtung von Jahr zu Jahr tiefer und breiter wird, in der hinteren oder Rückseite aber, wo sich gewöhnlich ein kleiner Wasserfall gebildet, immer weiter zurücktritt und sich verlängert, nimmt endlich die ganze mit Schlamm und Gerölle vermischte Wassermasse in sich auf, die sich schäumend in den ersten nächsten Fluss wälzt; durch die Zuströmung von allen Seiten tritt dieser dann verheerend aus seinen Ufern und trägt alle diese Stoffe der Wolga zu. Welche Mittel giebt es nun, um diesem fortwährenden, zerstörenden Prozefs Einhalt zu thun, welche, die für die Schifffahrt der Wolga so hemmenden und gefährlichen Barren zu beseitigen? Im Strombette könnten vielleicht Baggermaschinen, welche in grofser Anzahl aufgestellt und in ununterbrochener Thätigkeit erhalten werden, einigermassen eine geregelte Fahrstrafse herstellen. Bedeutende Geldopfer würde freilich die russische Regierung zu bringen haben, diesen 470 deutschen Meilen (3295 Werst) langen Strom, welcher von Twer bis Rybinsk bereits für Fahrzeuge von geringem Tiefgange, von da ab aber bis Astrachan auf einer Strecke von 2700 Wersten für gröfsere Schiffe fahrbar ist, in gutem Zustande zu erhalten; reichliche Zinsen aber würde ein solches Unternehmen der Regierung und dem Lande eintragen. Freilich hätte die Kunst, aufser der Beseitigung der schon vorhandenen Sandbänke, mit der Vergröfserung und Neubildung derselben, durch die aus den Owrags jährlich zugeführten Schlammmassen einen fortdauernden Kampf zu bestehen. Zwar sind von einigen intelligenten Gutsbesitzern Versuche gemacht worden, die Owrags in ihrer ersten Bildung dadurch zu beseitigen, dafs, sowie sich eine Spalte in der Ackerkrume zeigte, diese sofort mit Erde ausgefüllt wurde. Wie aber dürften auf einer so enormen Länderstrecke, bei der im Ganzen spärlich verbreiteten ländlichen Bevölkerung und der geringen Bildung der unteren Volksklassen derartige Versuche mit Erfolg durchgeführt werden können? Selbst gröfsere Owrags hat der Verfasser auf seinem eigenen Gute auf eine sinnreiche Weise ausgefüllt und so der fortschreitenden Verheerung durch dieselben Einhalt gethan, indem er unweit des Ursprungs der Schlucht in derselben einige Pfähle einrammen und so befestigen liefs, dafs sie der Frühlings - Ueberschwemmung Widerstand leisten konnten; hin

ter diesen wurde sodann ein Damm von Strauchwerk angelegt, so dafs wohl das Wasser, nicht aber Erde, Schlamm und Sand durchzudringen vermochten und daher bald den hinteren Theil der Schlucht ausfüllen mufsten; war dies nun geschehen, so wurde weiter abwärts ein zweiter und oft auch ein dritter Damm auf dieselbe Art angelegt, bis sich die ganze Schlucht ausfüllte.

-r.

Zur Statistik der europäischen Bevölkerung Algeriens.

Nach der in der „Revue algérienne et coloniale. T. III. 1860. S. 443 und 568 befindlichen statistischen Uebersicht der europäischen Bevölkerung in Algerien betrug ihre Gesammtzahl am 30. Juni 1860 208,476 Seelen, nämlich 70,315 Männer, 51,087 Frauen und 87,074 Kinder. Von dieser Zahl gehörten 124,728 der städtischen (nämlich 57,862 für die Provinz Algier; 36,563 für die Provinz Oran; 30,303 für die Provinz Constantine), 30,554 der ländlichen (nämlich 14,329 für die Provinz Algier; 10,798 für die Provinz Oran; 5427 für die Provinz Constantine), und 53,194 der ackerbautreibenden Bevölkerung (nämlich 24,219 für die Provinz Algier; 17,679 für die Provinz Oran; 11,296 für die Provinz Constantine). Nach Nationalitäten theilte sich die Bevölkerung folgendermafsen:

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Was speciell die Bevölkerung der Hauptstadt betrifft, so betrug dieselbe zur Zeit der Eroberung durch die Franzosen im Jahre 1830 602 Europäer. Eine Zählung der eingeborenen Bevölkerung hat erst im Jahre 1838 stattgefunden, wo dieselbe sich auf 18,387 Seelen belief und die der Europäer auf 12,008. Den gröfsten Zuwachs haben die Jahre 1838 bis 1846 aufzuweisen, indem die Gesammtbevölkerung von 30,395 auf 70,582 (44,906 Europäer und 25,676 Eingeborene) stieg. Von den Jahren 1846 bis 1851 trat aber eine bedeutende Verminderung ein, indem die Bevölkerung im Jahre 1851 auf 50,111 Seelen herabsank und sich erst seitdem wieder bis auf 65,001 (im Jahre 1859) gehoben hat. Diese Fluctuation

in den Bevölkerungsverhältnissen findet jedoch mehr unter der eingewanderten, als unter der eingeborenen Bevölkerung statt; letztere betrug im Jahre 1838 18,387, und erhielt sich namentlich seit den letzten fünf Jahren mit einer geringen Schwankung von 150-200 auf dieser Höhe; dieselbe betrug im Jahre 1859 18,849 Seelen. Die Sterblichkeit unter den Europäern vom Jahre 1830-59 (Summa 750,105) betrug 31,793, also 4,2 Procent; die unter den Eingeborenen in dem Zeitraum von 1838-59 (Summa 457,884) betrug 18,157, also 3,9 Procent. Die Mortalitätsverhältnisse stellen sich mithin in Algier ungünstiger als in Frankreich.

-r.

Die Grenzregulirung zwischen Rufsland und China nach dem Tractat vom 14. November 1860.

Auf Grundlage des bereits am 28. Mai 1858 zu Aigun am oberen Amur zwischen dem russischen General Murawiew und dem chinesischen Civil-Gouverneur Tsian-Tsian abgeschlossenen Tractats über die Regulirung der Grenze zwischen beiden Reichen im Amur-Gebiet, ist am 14. November 1860 zwischen dem russischen General Ignatieff und dem chinesischen Prinzen Kong ein neuer Handelsvertrag zu Peking abgeschlossen worden, durch welchen die östliche, sowie die westliche Grenze zwischen China und Sibirien in folgender Weise regulirt wird:

Artikel I. In Zukunft soll die östliche Grenze zwischen beiden Reichen, vom Zusammenflufs der Flüsse Schilka und Argun an, dem Laufe des Amur bis zu dessen Zusammenfluss mit dem Ussuri folgen. Das Land auf dem linken oder nördlichen Ufer des Amur gehört zu dem russischen und das Land auf dem rechten, südlichen Ufer bis zur Mündung des Ussuri zu dem chinesischen Reiche. Weiter von der Mündung des Ussuri bis zum See Hinkai folgt die Grenzlinie den Flüssen Ussuri und Songatscha. Das Land auf dem östlichen (rechten) Ufer dieser Flüsse gehört zu dem russischen und auf dem westlichen (linken) Ufer zu dem chinesischen Reiche. Weiter von dem Ausflufs des Songatscha an durchschneidet die Grenze den Hinkai - See und nimmt die Richtung nach dem Flufs Belen-Ho (Tur); von der Mündung dieses Flusses an folgt sie dem Kamm des Gebirges bis zur Mündung des Flusses Hupitu (Haptu) und sodann der zwischen dem Flufs Khur-Tschun und dem Meer gelegenen Bergkette bis zum Flufs ThuMen-Kiang. Auf dieser ganzen Linie gehört das Land im Osten dem russischen und im Westen dem chinesischen Reich. Die Grenze erreicht den Flufs ThuMen-Kiang 20 Li (chinesische Werste) oberhalb seiner Mündung in die See. Im Fall an den vorgedachten Orten sich von chinesischen Unterthanen colonisirte Landstrecken vorfinden sollten, so verpflichtet sich die russische Regierung, die Einwohner daselbst zu belassen und ihnen zu gestatten, sich wie früherhin der Jagd und der Fischerei zu widmen. Nachdem die Grenzsteine gesetzt sein werden, soll die Scheidelinie der Grenze für immer unverändert bleiben.

Artikel II. Die Grenzlinie im Westen, bisher unbestimmt, soll in Zukunft der Richtung der Gebirge, dem Laufe der grofsen Flüsse und der gegenwärtig

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