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Sitzungsbericht der Berliner geographischen Gesellschaft.

nen Erdbeben, Staubfälle, Stürme, Ueberschwemmungen, Epidemien, Fälle grofser Dürre oder heftiger Regen zusammengestellt sind.

Herr Kiepert legte mehrere Karten vor, welche die Beschaffenheit und die Art der Bebauung des Bodens in Rufsland, die Handelswege, Preise des Getreides, die Zahl der Merinoschafe, Pferde und den Viehhandel Rufslands bildlich aufstellen und gab einige erläuternde Bemerkungen.

Herr Barth hatte eine von Herrn Brüllow angefertigte Karte von Afrika aufgestellt, auf welcher die Wege der verschiedenen Expeditionen in das Innere von Afrika angegeben sind. Nach einigen kurzen Bemerkungen über diese, sprach er insbesondere über die vom Baron v. d. Decken beabsichtigte Expedition von Zanzibar nach Kiloa und von hier nach dem Nyassa-See. Herr v. d. Decken befindet sich, nach Ueberwindung der stattgefundenen Schwierigkeiten, jetzt auf dem Wege nach dem Nyassa-See.

Herr Dieterici sprach bei der Uebergabe seines Werkes über die Weltanschauung der Araber im 10. Jahrhundert. Dieses von ihm in's Deutsche übertragene Werk ist deshalb von besonderem Interesse, weil damals die Araber das einzige Volk waren, welches die Wissenschaften überhaupt bebaute. Während in einigen Zweigen die Ansichten des Aristoteles und der neuplatonischen Schule vorherrschen, und daher als veraltet zu betrachten sind, finden sich in der Botanik bereits Ansichten vor, welche den neuesten nahe kommen. Das Werk handelt von der Astronomie, Meteorologie, den Mineralien und Metallen, der Botanik, Zoologie, Geographie und Astrologie. In Bezug auf den vorletzten Zweig zeigte der Vortragende eine von Herrn Kiepert entworfene Zeichnung vor, welche die damaligen Ansichten der Araber von der Gestalt der Erde bildlich darstellt.

Herr v. Olberg las einen Brief des Herrn v. Brandt, Mitglied der preufsischen Gesandtschaft nach Japan, vom 24. November 1860 vor, worin die Bewohner von Jeddo ganz anders als in früheren Werken, und zwar weit vortheilhafter geschildert werden. Nach einigen geschichtlichen Bemerkungen über die Regierungsform in Japan wurde erwähnt, dass im Allgemeinen dort Wohlstand herrsche; dem Verbrechen, namentlich gegen das Eigenthum, folge unmittelbar Todesstrafe. Der Ackerbau ist vortrefflich, Fischen und Angeln ist ein Hauptvergnügen der Japaner, für Wissenschaften zeigt sich ein reges Interesse. Der Vortragende zeigte am Schlufs einige Zeichnungen vor und besprach dieselben.

Herr Barth las einen Brief des Herrn v. Richthofen vor, worin die Gegend von Jeddo sehr gepriesen wird; jedoch gestattet das Mifstrauen der Regierung dem Fremden nicht, sich frei darin zu bewegen. Die Stadt hat 23 Stunden im Umfange und scheint, wenn man sie mit Beschreibungen vergleicht, welche vor 200 Jahren von ihr entworfen worden sind, seitdem unverändert geblieben zu sein. Ueber ihre Schönheit sind die Meinungen getheilt, die Häuser erinnern an basilikenförmigen Zelte. Die ganze Front der Häuser ist zu Verkaufslokalen eingerichtet, welche im Innern grofse Räumlichkeiten ohne Zwischenwände zeigen. Der Eindruck der Bauwerke soll dadurch bedeutend gehoben werden, dafs bei ihrer Anlage ursprüngliche Gärten und Wälder erhalten worden sind, welche dem Auge einen angenehmen Wechsel darbieten.

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X.

Reise durch die nordöstlichen Provinzen der Insel

Luzon.

Mitgetheilt von Herrn Semper in Manila, d. d. Aparri in Cagayan,
den 27. August 1860.')

... Im Mai dieses Jahres begann ich eine Reise, die ursprünglich nur in kleinem Mafsstabe angelegt, sich allmälig in einer Weise ausgedehnt hat, dafs ich jetzt kaum sagen kann, das Ende des Anfangs erreicht zu haben. Die bisher gemachte Route führte mich meist rasch durch die Provinzen Bulacan und Nueva Ecija nach Pantabagan, von dort über einem niedrigen Gebirgspals der östlichen Bergkette nach Baler, dann an der Küste entlang nach dem zur Provinz Nueva Isabela gehörigen Dorfe Palanan dessen Lage übrigens auf der Karte von MorataCoëllo absolut falsch angegeben ist und von hier abermals über die östliche Kette der in die Ebene reichenden beiden Hauptgebirgszüge des nördlichen Theiles von Luzon, in die wegen ihres Tabacksbaues so gepriesenen Provinzen Nueva Isabela und Cagayan. Auf dieser Reise nun kam ich mit einigen der interessantesten Stämme des Landes in sehr nahe Berührung und da ich wohl annehmen darf, dass die allgemeine Kenntnifs gerade der Stämme des Nordens noch eine sehr mangelhafte, zum Theil selbst auf Lügen beruhende ist, so glaube ich diesmal wohl die Feder in die Hand und Ihre Aufmerksamkeit auf einige Minuten in Anspruch nehmen zu dürfen.

Wunderbar ist, wie sich hier die genaueste Kenntnifs des Landes und seiner Bewohner auf einzelne wenige Stämme beschränkt. Sich in Manila namentlich über den Norden von Luzon genau zu instruiren, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Dies liegt in der Natur der Verwaltung des Landes. In den meisten Provinzen, namentlich den tabacks

1) Der Ort Aparri, von welchem aus Herr Semper sein Schreiben datirt hat, liegt auf der Mitte der Nordküste der Insel am Ausflusse des Flusses Cagayan.

bauenden, finden sich nur Beamte, deren gröfster Theil ohne alle Erziehung ist; so dass man von ihnen meist nur unwichtige oder phantastische Notizen erhält. Zu dieser Classe der Phantastiker sind im Allgemeinen auch die Padres zu rechnen, deren Bildung eine äusserst primitive ist. So ist man fast lediglich auf die Chefs der Provinzen beschränkt, unter denen man sehr intelligente und unterrichtete Männer findet. Diese besitzen auch die genaueste Kenntnifs des Landes. Aber es kommt wenig davon in's Publikum; da sie einestheils anderen Interessen dienen, oder durch die Erfüllung ihrer Berufspflichten an der Veröffentlichung ihrer Beobachtungen verhindert werden. Von jeher war es das System der hiesigen Regierung, vereinzelte Expeditionen gegen den einen oder anderen nicht unterworfenen Stamm zu unternehmen; Expeditionen, die freilich gröfstentheils ohne Resultat blieben, deren Führer aber Pläne anfertigten und Notizen sammelten, die dann nachher in Form eines Mémoire der Regierung übersandt wurden, von der sie aber meist ad acta gelegt wurden. So blieben solche Unternehmungen ohne jeglichen Nutzen.

Im Jahre 1850 jedoch wurde eine gröfsere Expedition unternommen unter dem Commando des Coronel Oscariz, damaligem Gouverneur der Provinz Nueva Vizcaya, welche ein nicht unbedeutendes Resultat zur Folge hatte, nemlich das der völligen Unterwerfung einiger unabhängigen Stämme an der Westseite der westlichen Cordillera, deren bedeutendsten die Tinguianes, Busaos und Ytetepanes sind. Leider verlautete auch von dieser Expedition wenig im Publicum, und nur dem Zufall verdanke ich genauere Nachrichten darüber, die mir durch den jetzigen Gouverneur der Provinz N. Isabela, den D. Rafael Carrillo de Albornos, einem Theilnehmer jener Expedition, ertheilt wurden. Seiner Güte danke ich die Mittheilung eines handschriftlichen, von ihm verfassten Aufsatzes und einer ebenfalls ungedruckten, freilich nur nach Secundenuhr und Magnetnadel angefertigten Karte des von der Expedition berührten Landstriches. Seitdem ist das von den genannten Stämmen bewohnte Land, dessen nördlicher Theil auf der Karte von Morata - Coëllo durch Territorios del Centro del Abra" bezeichnet wird, in mehrere Provinzen und Commandantschaften getheilt, die eben jetzt theils durch Tabacksbau, theils durch ihren Minenreichthum für die Regierungskasse eine nicht unbedeutende Erwerbsquelle geworden sind. So mangelhaft nun auch solche, nach einer rein militairischen Expedition angelegten Pläne nothwendig sein müssen, so besitzen sie doch einen grofsen Vorzug vor allen andern und zum Theil auch vor solchen, welche der einzigen einigermafsen genügenden Karte von Coëllo als Basis dienten, den nämlich, dass sie von wissenschaftlich gebildeten Männern und mit bei weiten besseren Hülfsmit

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