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266 Semper: Reise durch die nordöstlichen Provinzen der Insel Luzon.

es auch noch so wenig war, so erfreute mich doch diese Bereitwilligkeit mir zu helfen, im höchsten Grade. In manchen Rancheria's hatten sie eigne breite Wege für mich angelegt und als ich in Satpat war, einer der letzten Rancheria's am Ilarán nach den Bergen von Casiguran zu, kamen Deputationen aus mehreren der nahe liegenden, um zu erfahren, wann ich in ihren Orten vorsprechen würde, zu welchem Tage sie dann ein Essen für mich bereit halten wollten. Leider bereiteten sie dieses umsonst, da ich in Salpat mir ein Fieber holte, das mich zwang, dies Land, in dem es mir so wohlgefiel, rasch zu verlassen. Auch bei dieser Gelegenheit benahmen sich die Leute einer Rancheria ungefähr in der Mitte des Weges sehr liebenswürdig; ohne aufgefordert zu sein, setzten sich der Gobernadercillo und sein Teniente mit in mein Boot und begleiteten mich bis nach Ilagan hinunter, eine Strecke, die ihnen zur Rückfahrt mindestens drei Tage kostete. Unverkennbar schien mir hierbei der Einfluss der Neger, die unstreitig die von Haus aus gutmüthigste Nation des Landes bilden; der tagalische Einfluss dagegen scheint sich mehr in ihrer gröfseren Faulheit zu zeigen und in der geringeren Sorgfalt, die sie auf die Bestellung ihrer Felder verwenden. Mit Bedauern schied ich von ihnen, nicht ohne das Versprechen, sie noch einmal zu besuchen, um einige wesentliche Lücken in meiner Kenntnifs ihres Landes und ihrer Sitten auszufüllen.

XI.

Auszug aus Don J. M. de la Sota's Geschichte des Territorio Oriental del Uruguay *).

Von Dr. J. Ch. Heusser und G. Claraz in Buenos-Ayres.

Cap. 1. Von der Entdeckung des Staates.

Das Territorio Oriental del Uruguay (das östliche Land vom Uruguay) oder gewöhnlich die Banda Oriental genannt, ist im Jahr 1508 oder 1512 entdeckt worden. Juan Diaz de Solis, der mit Erlaubniss des Königs Ferdinand von Spanien, aber auf eigene Kosten eine Ex

*) Historia del Territorio Oriental del Uruguay. Escrita por D. Juan Manuel de la Sota. Montevideo 1841. 8. Ein Exemplar dieses seltenen, durch den Tod des Verfassers leider unvollendet gebliebenen Werkes ist von dem K. Preufs. Geschäftsträger für die La Plata - Staaten, Herrn von Gülich, der Königl. Bibliothek zu Berlin zum Geschenk gemacht worden. Der nachstehende Auszug giebt in allen auffallenden Stellen wenigstens eine wortgetreue Uebersetzung einer Anzahl der interessantesten Capitel.

Red.

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pedition zur Entdeckung Indiens ausgerüstet hatte, war es, der zum ersten Mal in die Mündung des grofsen Stromes einfuhr, der heutzutage unter dem Namen La Plata bekannt ist. Die Begleiter von Solis aber nannten ihn zunächst Rio de Solis. Solis fuhr einige Tagereisen auf demselben hinauf, und steckte Kreuze an der sandigen Küste als Zeichen der Besitznahme auf. Als aber bald ein heftiger Sturm sich erhob und er keinen sichern Hafen fand, trat er die Rückreise nach Spanien an, um über die Entdeckung des grofsen Stromes Bericht zu erstatten. Im Jahr 1515 ging Solis von neuem mit drei Schiffen von Spanien aus, um seine Entdeckungen an dem neuen Strom forzusetzen; diesmal aber landete er etwas nördlich von dessen Mündung unter 34° 40', um zunächst von der Küste aus etwas in's Innere des Landes einzudringen. Unmittelbar nach ihrer Landung wurden sie aber von den Indianern angefallen und Solis selbst und acht seiner Gefährten getödtet. Die Uebrigen traten die Rückreise an, ohne den eigentlichen Zweck ihrer Unternehmung weiter zu verfolgen. Im Jahr 1526 rüstete Kaiser Karl V. eine neue Expedition aus, welche die Meerenge Magelhans passiren und Ostindien aufsuchen sollte. Ein Venetianer, Namens Gaboto, stand an der Spitze; er lenkte aber in den Rio de Solis ein und fuhr in demselben, einen Hafen suchend, nahe der orientalischen Küste aufwärts. Er warf zuerst vor einer Insel Anker, die er St. Gabriel nannte, 1 Stunde von der Küste entfernt. Von hier aus befuhren sie auf kleinen Fahrzeugen den Uruguay, und trafen nach wenig Tagen den Rio San Salvador, an dessen Ufern sie eine Festung erbauten zum Schutz gegen die Indier, die sie von ferne argwöhnisch betrachteten. Eine Abtheilung wollte zu Land, dem Ufer des Flusses folgend, das Land kennen lernen, wurde aber von den Indianern angegriffen und niedergemacht. Gaboto liefs nun eine Bedeckung in der Festung zurück, und fuhr selbst noch weiter den Hauptfluss aufwärts; er lenkte in den jetzt sogenannten Paraguay ein, in welchem er bis über Angostura vordrang, nachdem er auch dort ein Fort, Sancti Spiritus oder Gaboto gegründet, und Freundschaft mit den dortigen Indianern, den Timbues und Caracaras geschlossen. Gaboto verwandelte den bisherigen Namen des Hauptstroms in Rio de la Plata (Silberstrom), um, nach der Ansicht des Verfassers, damit Ansiedler aus Europa anzuziehen.

Cap. 2. u. 3. Von den Eingeborenen der Banda Oriental und ihren Sitten.

Die Hauptstämme der Indianer, die damals in der Banda Oriental lebten, waren folgende: die Charruas bewohnten die Küste von Maldonado bis zur Mündung des Uruguay, die Chayos am östlichen Ufer

des Uruguay, die Chanas auf den Inseln im Uruguay bei der Mündung des Rio Negro, die Guenoas und Martedanes zwischen dem Uruguay und dem Mar del Norte; diese grenzten im Norden mit den Portugiesen zusammen, welche die Colonie Sacramento gegründet hatten, trieben mit diesen Handel und erhielten von ihnen Säbel und Lanzen zum Krieg gegen die Spanier, die von jenem ersten Niederlassungsplatz aus anfingen Besitz von der ganzen Banda Oriental zu nehmen. Was die Sprache dieser verschiedenen Indianerstämme anbetrifft, SO soll dieselbe nach dem Pater Isaurralde ein verdorbener Dialect der Guarani-Sprache, und alle diese Urbewohner der Banda Oriental wahrscheinlich nur Zweige des grofsen Guarani-Stammes gewesen sein. Von den angeführten waren die Charruas die wildesten, und setzten der spanischen Eroberung den hartnäckigsten Widerstand entgegen, der volle drei Jahrhunderte dauerte. Zuletzt zogen sie sich an die brasilianische Grenze zurück, von der aus sie ihre Einfälle in die Banda Oriental machten. Erst im Jahr 1831 wurden sie vollständig ausgerottet durch den General Rivera; und es dürften heutzutage kaum irgendwo dreifsig zusammenlebend zu treffen sein. Allgemein hält man die Charruas für Menschenfresser, und in der That haben sie Solis und dessen Begleiter gebraten und verzehrt. Dies soll aber eine vereinzelte Erscheinung sein, und die Charruas vielmehr ihre Besiegten gewöhnlich sehr human behandelt haben. Beim Tode eines Verwandten sollen sie sich nach Centenera und Azara selbst verstümmelt haben. Die Haut bemalten sie mit verschiedenen Farben, gaben aber Blau den Vorzug. Wenn irgend etwa Aufserordentliches passirte, gab man sich durch Feuer ein Zeichen, dass Alle bewaffnet zusammenkommen sollten; und zwar löschte man das Feuer aus und zündete es wieder an, um so öfter, als die Angelegenheit wichtig war. Für gewöhnlich entsprach ein Feuer einer Heirath. - Sie lebten in Familien, feierten die Hochzeit, begruben und ehrten die Todten. In Mitte des Kampfes war es Hauptpflicht, die Leichname zu retten, um dem Feinde die Verluste zu verbergen. Das erwähnte Familienleben beschränkte sich übrigens nicht auf eine Frau, sondern die Männer lebten mit vielen Frauen zusammen, und zwar stieg die Anzahl der Frauen bei den Mächtigsten bis funfzig. Das edle Motiv, so viele Frauen zu haben, war, um mit deren Hülfe um so mehr dem Trunk zu fröhnen, dem sie leidenschaftlich ergeben waren. Die Weiber nämlich bereiteten ihnen die Getränke, und zwar aus Mais, Waldfrüchten, Wurzeln und Honig. Den Männern war es erlaubt, ihre Frauen wieder zu entlassen, wenn sie eine bestimmte Summe an die Verwandten der Verstofsenen bezahlten; ebenso erkauften sie die Frauen gegen Bezahlung von deren Verwandten.-Wurfspiefs, Bogen und Lazo waren die Waffen,

mit denen sie sich vertheidigten. Erstere waren unvollkommen, bei den wenigsten die Spitzen von Metall, bei den meisten von Knochen, oder blofs durch Anbrennen gehärtet. Die Geschicklichkeit in der Handhabung machte sie aber furchtbar. In der letzten Zeit befestigten sie Messer, Spitzen von Schwertern und anderes Eisen, welches sie bei ihren Einfällen erbeuteten, an die Spitzen ihrer Lanzen. Ihre Einfälle machten sie gewöhnlich in Vollmond-Nächten; was sie mitnehmen konnten, liefsen sie nicht zurück; die Bewohner tödteten sie oder nahmen sie gefangen; die Wohnungen steckten sie in Brand. Die Regierungsform war eine Aristokratie, oder besser Oligarchie. 80-100 sogenannte Tubichas mit ihren Familien regierten, und wurden von den Andern in Friedenszeiten mit grofser Achtung behandelt. Dieser Adel ging erblich auf den ältesten Sohn über; jüngere konnten denselben erhalten, wenn sie durch Beredtsamkeit sich Anhang zu verschaffen wufsten. Verkehr zwischen den einzelnen Familien war nicht häufig, weshalb nur kleine Pfade zwischen denselben in den Wäldern eröffnet wurden. Auf diesen Pfaden war es auch, wo eine Familie der andern, wenn sie sich für eine angethane Beleidigung rächen wollte, folgendes Zeichen gab: sie steckte eine Lanze in einem Baum von bestimmter Lage, und wenn die beleidigende Familie dieselbe erblickte, so rüstete sie sich zur Vertheidigung. Ebenfalls auf den Pfaden machten sie die Einladungen zu den Gastmahlen, indem man auf dem Boden einen Ring von Maiszapfen bildete, und andere an den benachbarten Bäumen aufhängte. Zugleich war durch die Zahl der Maiszapfen der Tag, an dem das Gastmahl stattfinden sollte, angegeben, so dass man sich dadurch den Weg zu den Wohnungen der verschiedenen Einzuladenden ersparte. Das Commando im Krieg wurde durch Wahl bestimmt, und zwar versammelten sich zu derselben alle Familien in der Wohnung eines der ersten Caciquen. Bei diesem Anlafs wurde Chicha (ein aus Mais bereitetes Getränk) in Ueberfluss getrunken, und die Versammelten rühmten dabei ihre Verdienste und Siege, zeigten ihre Wunden, zählten die Feinde auf, die sie besiegt; und ihre Uebertreibungen wuchsen mit dem Genufs der Chicha. Wer aber gewählt wurde, dem gehorchten die andern Caciquen mit ihren Familien unbedingt. Dem Erwählten lag es ob, die erwähnten Zeichen durch Feuer zu geben. Die ganze militairische Ausrüstung bestand in der Lanze, Bogen, Lazo und einem Schmuck von Straussfedern, den sie um die Lenden banden. Anfang und Ende des Kampfes waren begleitet von einem entsetzlichen Geschrei. Als Kleidung gebrauchten sie blofs ein Fell über die Schultern geworfen, und in spätern Zeiten anstatt der Straussenfedern auch das Fell eines Füllen, um die Weichen zu bedecken. Da sie von Fischfang und Jagd lebten, änderten sie ihre Wohnsitze, wenn

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jener oder diese spärlich wurde. Bei diesen Wanderungen hatten die Frauen den ganzen Haushalt zu besorgen, und mitzuschleppen, überhaupt Alles zu thun; die Männer thaten gar nichts, als auf den Boden gestreckt auf's Essen warten; in den letzten Jahren hatten die Frauen sogar die Pferde und Heerden zu besorgen. In religiöser Beziehung erkannten sie ein gutes und ein böses Princip an, zeigten aber mehr Achtung und Furcht vor diesem als vor jenem. In spätern Zeiten fand man bei ihnen, von früheren Lehren der Missionare herrührend, verwirrte Ideen von dem Dasein eines Gottes, als dem Schöpfer der Welt, der Abstammung aller Menschen von einem Elternpaar, von der Sündfluth, Arche Noah etc. Niemals aber pflegten sie einen wirklichen Gottesdienst.

Cap. 10. Beschreibung des Landes.

Der gegenwärtige Staat umfasst mehr als 50,000 □ Millas (circa 3200 Meilen) zwischen 291⁄2 und 35° südl. Breite. Seine Grenzen sind: gegen Norden die Missionen des Uruguay, gegenwärtig zum Theil von den Brasilianern besetzt, zum Theil zu Corrientes gehörig; nach Osten: Brasilianisches Territorium, getrennt durch den Yaguaron bis zu seiner Mündung in die Laguna Merim; nach Westen der majestätische Flufs Uruguay und nach Süden der grofse La Plata bis zu seiner Mündung in den Ocean. Die Oberfläche des Landes ist wellenförmig; kleine Höhenzüge und Hügel durchziehen das ganze Land in allen Richtungen; ebenso laufende Gewässer, Bäche und Flüsse, von denen mehrere in ihrem untern Lauf schiff bar sind. Nahe der Meeresküste und derjenigen des La Plata finden sich mehrere Seen; einige dieser letzteren, obgleich sie nicht mehr als 60-70 Schritt vom Strome entfernt sind, haben keinen Abflufs in denselben. Nahe an der orientalischen Küste liegen viele bewohnte und fruchtbare Inseln, von denen Martiri Garcia und Gorviti die wichtigsten sein werden, jene als Schlüssel zur Schifffahrt auf dem Uruguay, diese, weil sie Maldonado unmittelbar und nahe gegenüber liegt, und so diesen Hafen sowohl gegen Winde, als gegen Angriffe schützt. Nicht unwichtig ist auch die Insel Lobos, weil die Vermiethung der Jagd eine der reichsten Staats-Einnahmen bildet.

Die wichtigsten Häfen sind: Montevideo, Maldonado, St. Lucia und Colonia. Die Höhenzüge enthalten zum Theil Minen von Gold, Silber, Blei, Topasen, Diamanten und Rubinen; obgleich diese Schätze nicht ausgebeutet werden, so ist deren Vorhandensein durch Versuche bekannt, die in den Flüssen St. Francisco, St. Antonio und in den Bergen Campanero, Arequito und Marrincho gemacht worden. Auch Alabaster, Marmor, Kalk und Gyps findet sich in Ueberfluss. Aber der gröfste Reichthum des Landes besteht in der Zucht von Rindvieh, Pfer

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